Kontrollverlust – oder: Wie unsere Arroganz uns daran hindert, erfolgreich zu sein

Es scheint einen neuen Konsens darüber zu geben, dass die Welt verflacht, wir alle verdummen und dass das Fernsehen im Besonderen und die Medien im Allgemeinen daran Schuld tragen. Und als selbst erklärter Verfechter des so genannten Qualitätsjournalismus steht man dann achselzuckend davor und sagt sich: „Gegen den Scheiß, den die Leute offenbar sehen wollen, kann man ja mit Qualität nicht anstinken, denn auf Qualität muss man sich einlassen wollen.“ Wir haben uns ein Naturgesetz gebastelt, nachdem Qualität nicht so aufregend sein kann wie Trash. Deshalb gewinnt der Trash. Und wir haben keine Schuld.

Meiner Meinung nach ist das falsch, und das gleich auf mehreren Ebenen. Wir haben es seit Jahrzehnten in der Hand, Qualität aufregend zu machen. Wir tun es nur nicht. Und ich möchte versuchen darzulegen, warum das so ist. Oder zumindest, warum ich glaube, dass es so ist.
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Wir machen es (uns zu) einfach

Für mich ist Heribert Prantl der klügste Journalist des Landes, und das in einer Größenordnung, die es mir schwer macht, seine Leitartikel zu lesen, wenn ich zum Thema schon eine Meinung habe. Denn wäre er anderer Meinung als ich, dann müsste ich meine ändern.

Insofern habe ich leicht verängstigt seinen Text „Sind Zeitungen systemrelevant?“ gelesen.Vor allem nach dem ersten Satz: „Ja, Zeitungen sind systemrelevant, und ich kann es beweisen.“ Denn ich bin völlig anderer Meinung. Aber Prantl zum Glück auch, zumindest anderer Meinung als ich es nach diesem ersten Satz verstanden hatte. Systemrelevant für ihn sind unabhängige Redaktionen mit klugen Journalisten, nicht das bedruckte Papier. Es ist ein großartiger Text, und Prantl ist wie immer intelligent, scharf und genau.

Und er schneidet ein Thema an, dass mir schon eine ganze Weile auf der Seele brennt, und von dem ich nicht weiß, wie ich es angehen soll. „Wir machen es (uns zu) einfach“ weiterlesen

Im Falle keines Phallus

Ich bin ein Mann, ein Fan von Magazinen und habe lange Zeit für Männermagazine gearbeitet. Natürlich ist für mich der Playboy die großartigste Magazinmarke der Welt. Als Marke. Das Magazin ist es schon lange nicht mehr, weder in der deutschen, der amerikanischen noch irgendeiner anderen Ausgabe. Und mit dieser Ansicht bin ich nicht alleine, bei Burda Playboymuss man ähnlicher Ansicht gewesen sein, als man sich im Mai von Chefredakteur Stefan Schmortte getrennt hat. Die Zahlen sind dabei gar nicht so unterirdisch wie die mancher (vor allem der inzwischen eingegangenen) Mitbewerber es waren – der deutsche Playboy verkauft immer noch ausgewiesene 95.000 Hefte am Kiosk und über 43.000 an Abonnenten (und etwa 74.000 als Sonderverkäufe). Aber natürlich geht der Trend in zweistelligen Prozentschritten nach unten, und es war auch nicht der Hauch eines Konzeptes in Sicht, wie das aufzuhalten sein könnte. Dann kam die Reißleine – und Florian Boitin als neuer Chefredakteur.

Und nun also das erste Heft unter seiner Herrschaft. Grund genug, sich das einmal genau anzusehen.
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Das ist der GAU: Nicht so schlimm

Während ich gestern darüber geschrieben habe, dass Journalisten heute durch die Plattform Internet anfassbarer, nahbarer und stärker verantwortlich für ihre Texte sind als noch vor wenigen Jahren, hat der Kollege Hajo Schumacher in Berlin gesessen und eine Polemik über Horst Schlämmer geschrieben. Die Polemik, die heute in der Welt und der Berliner Morgenpost gedruckt wurde (was praktisch das Gleiche ist, weil sich beide eine Redaktion teilen), war richtig schlecht – nicht sauber gedacht, in der Formulierung überzogen und insgesamt nicht besonders spannend. Und das steht heute in vielen Blogs, unter anderem bei Stefan Niggemeier, was Hajo Schumacher besonders weh tun muss, weil Niggemeiers Blog wahrscheinlich mehr Menschen lesen als Polemiken in Welt und BM.

 

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Achtung: Sie nutzen nur 10 Prozent Ihres inneren Journalisten!

Ich habe einmal ein gutes Erlebnis mit Lesern gehabt: Am Hauptbahnhof in München las ein Typ, der quasi Rücken an Rücken mit mir auf einer der Bänke auf dem Bahnsteig saß, seiner Freundin aus einer Geschichte von mir vor und lachte sich an den richtigen Stellen schlapp. Wie gesagt: ein Mal. Das war lange der einzige wahrhaftige Kontakt, den ich je mit meiner eingebildeten Leserschaft hatte. Ansonsten war ich den größten Teil meiner beruflichen Laufbahn umgeben von dem Kokon Redaktion – mit Türen, Empfangsdamen, Telefonzentralen und im Zweifel Anwälten zwischen mir und denjenigen, für die ich angeblich arbeite.
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Von Dr. House lernen heißt ‘wöchentlich’ lernen

House

Es mag daran liegen, dass ich einfach gestrickt bin. Ich halte die Sopranos für großartiger als die gesammelten Werke von Thomas Mann und wenn ich mich zwischen Curb Your Enthusiasm und Oscar Wilde entscheiden müsste, dann hätte Oscar zum ersten Mal einen schweren Stand bei mir. Vielleicht bin ich nicht schlau genug. Aber vielleicht erklärt mir einmal jemand das Phänomen, warum so viele wöchentliche Illustrierte, beim Stern angefangen und bei Bunte noch nicht aufgehört, die einfachste Lektion nicht befolgen: Der wöchentliche Rhythmus braucht die Seifenoper.
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Die letzten unserer Art?


Ich habe an anderer Stelle schon ausgeführt, warum ich nicht glaube, dass „der Journalismus“ aussterben wird. Aber ich glaube, dass viele Spezies innerhalb des Systems Journalismus bedroht sind (oder bereits ausgestorben. RIP, Schriftsetzer). Als ehemaligem Waldorfschüler und erklärtem Neo-Öko wird es nicht überraschend sein, dass ich jedes System als Ökosystem begreife, das nach den Gesetzen der Ökologie funktioniert. Und ich kann mich nicht erinnern (allerdings war es auch knapp vor meiner Zeit), dass um die Setzer, Fotolaboranten und ähnliche Opfer des technischen Fortschritts so viel Aufhebens gemacht wurde wie heute um diejenigen, die den so genannten „Qualitätsjournalismus“ bieten. Veränderung nach technischen Fortschritten scheint uns unvermeidlich. Inhaltliche Veränderung dagegen bekämpfen wir geradezu instinktiv.
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Hallo? Hört mich hier jemand?

Downtown Kangerlussuaq

Der Ort heißt Kangerlussuaq, was reichen würde, aber er wird auch noch ganz anders ausgesprochen. Ich sitze hier fest wegen eines Fehlers von Air Greenland. 500 weitere Menschen sitzen hier fest, weil sie hier leben. Sie halten den internationalen Flughafen geöffnet, der an diesem Ort aufgemacht wurde, weil das Wetter immer stabil ist. Ansonsten gibt es hier nichts. Kangerlussuaq liegt am Inlandeis von Grönland. Was soll hier sonst sein?
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Der hat nur Glück gehabt

In der Berliner Zeitung war ein sehr freundlicher Artikel über die Zeitschrift  Monocle, den ich nur gefunden habe, weil der Stern-Onlineredakteur Dirk Liedtke in in seinem Twitter-Feed erwähnt hat, den ich eigentlich verlinken wollte, aber Twitter ist gerade down (ich korrigiere das so schnell es geht, aber ich bin jetzt eine Woche in Grönland. Geil, oder? Alles darüber auf bravo.de). Das heißt, eigentlich bin ich zuerst durch eine an Dirk Liedtke gerichtete Nachricht eines anderen MonocleJournalisten darauf gestoßen, deren
Wortlaut ich natürlich auch gerade nicht auf Twitter finden kann, aber deren Inhalt ungefähr so war: „Die haben keine 60 Angestellten und profitabel sind sie auch nicht.“ So schreiben und reden Journalisten über journalistische Produkte.Wer selbst jemals versucht hat, mit Herzblut oder aus Überzeugung ein neues Heft zu machen (oder ein altes anders), der hat es erlebt: Häme, Missgunst, Besserwisserei.

Ich nehme mich da nicht aus. Ich habe schon gehässiges doofes Zeug über die Arbeit von Kollegen geredet, da waren die Journalistikstudenten, die heute über jedes neue Heft herfallen, noch nichts als das Flackern in den Augen zweier Fremder auf einem PUR-Konzert. Es hat sich bei mir ein bisschen gelegt, nachdem ich selber meine Breitseiten abbekommen habe, und feststellen musste, dass nur sehr, sehr wenige Kollegen kritisieren um zu verbessern. Selbst wenn ich doppelt so oft mit meiner Kritik recht hatte wie alle anderen, wäre die Quote sinnvoller Kritik immer noch im niedrigen einstelligen Promillebereich gewesen. Im Regelfall ist es doch so: Wer etwas tut kriegt dafür prophylaktisch eine rein. Und sollte er, Gott bewahre, trotzdem Erfolg haben mit seiner Arbeit, dann wird eben ein bisschen neu justiert und wenigstens noch auf die Füße geschossen. Der Grund ist einfach und immer der gleiche: Neid.

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Wie Bernd Buchholz zur Legende wird

Wenn Kai-Hinrich „Die Medienwühlmaus“ Renner recht hat, und das hat er ja irgendwie immer, dann muss Dr. Bernd Buchholz am 31. August mit 50 Millionen Euro Gewinn (EBIT) ein irre schlechtes Ergebnis für das erste Halbjahr von Gruner & Jahr verkünden. Ich bin richtig schlecht, wenn es um Zahlen geht, aber so wie KHR das schreibt, klingt das alles Bernd Buchholznicht so gut. Aber ich bin mir sicher, dass für Dr. Buchholz alles gut ausgeht, weil ich heute Morgen, während ich einen sehr guten griechischen Mokka getrunken habe, eine Vision hatte. Ich glaube ich weiß, was Dr. Buchholz tun wird. Er hat nämlich eine grandios gute Idee, für die ich ihn immer bewundern werde.

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