Das Ende der Demütigungen

Das hier wird schwierig. Ich habe in den letzten Wochen unendlich viel gelesen über die zwei aus meiner Sicht wichtigsten politischen Ereignisse in diesem Land, die Wahl in Hamburg und das Guttenberg-Drama, und ich habe das Gefühl, dass die wichtigste Erkenntnis aus beiden noch nirgendwo besprochen wurde. Was durchaus daran liegen kann, dass ich mit meiner Einschätzung dessen, was daraus zu lernen ist, völlig allein stehe. Aber dann soll es halt so sein.

Es gibt eine einzige Erkenntnis, die mir gefällt an der Diskussion um den erschlichenen Doktortitel unseres Verteidigungsministers. Allerdings verstehe ich nicht, warum niemand in der Berliner Politik sie zu verstehen scheint – weder Regierung noch Opposition. Und ich glaube, dass sie sehr viel mit dem Hamburger Wahlergebnis zu tun hat. Aber auch hier wird sie nicht diskutiert, falls sie überhaupt erkannt wurde.

Fangen wir in Hamburg an: Seitdem Olaf Scholz die absolute Mehrheit in der Hamburger Bürgerschaft erreicht hat, fragen sich die politischen Beobachter in den Zeitungen des Landes, ob das „Modell Scholz“ nicht auch für die Bundes-SPD Erfolg versprechend wäre, und Scholz-Modell meint in ihren Augen wirtschaftsnah, Schröder-Modell, Agenda-Modell. Also etwas, das einem großen, wenn nicht dem größten Teil der SPD-Mitglieder schlaflose Nächte bereitet. Denn sehr viele Sozialdemokraten hassen Hartz IV von ganzem Herzen.

Dabei scheint sich niemand mehr die Mühe zu machen, auch nur eine Minute darüber nachzudenken, was Hartz IV ist und bedeutet. Es ist ein Schlagwort. Am Ende streiten wir uns dann um fünf oder acht Euro, und jeder will gewonnen haben. Dabei ist es nicht schwer zu erkennen, worum es in der Hartz-IV-Diskussion wirklich gehen müsste, was der Kern-Fehler dieser Agenda ist und was es ist, das diese Reform so schwer erträglich macht – und warum es Olaf Scholz schafft, ganz offensichtlich darüber zu stehen. Hinweis: Es hat mit Wirtschaftsfreundlichkeit insofern nichts zu tun, als es noch nie einen sozialdemokratischen Regierungschef in diesem Land gab, der nicht wirtschaftsfreundlich gewesen wäre (der wirtschaftlich erfolgreichste Kanzler der bundesdeutschen Geschichte war Willy Brandt, nur nebenbei). Das ist eine absurde Scheindiskussion. Und die Menschenfeindlichkeit von Hartz IV liegt nicht in Regelsätzen. Sie lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Demütigung.

Hartz IV demütigt. Schon die Drohung von Hartz IV, die ja tendenziell über jedem von uns schwebt, demütigt. Diese Reform hat den Kern dessen, was sie versprochen hat, nicht gehalten: Die Zusammenlegung von Sozialhilfeempfängern und so genannten Langzeitarbeitslosen war angeblich als Versprechen gedacht, niemals aufzuhören mit dem Versuch, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. „Wir glauben an euch“, „wir lassen euch nicht hängen“, „wir sorgen dafür, dass ihr wieder auf die eignen Beine kommt“ – das sollten die Versprechen sein, die mit Hartz IV verknüpft waren. Das Gegenteil ist eingetreten: Noch schneller als vorher waren Menschen abgeschrieben. Ein Jahr arbeitslos, schon in der Hölle, unabhängig von der Lebensleistung: Daran muss man in diesem Land nicht körperlich verhungern – aber die eigene Würde hängt als feuchter Lappen in einem ständigen, tröpfelnden Regen.

Wer Olaf Scholz‘ Wahlkampf verfolgt hat, wird in seiner Rhetorik genau wie in seinem Auftreten möglicherweise ein Muster bemerkt haben, das er selbst als hamburgspezifisch verkauft hat, was es aber nicht sein muss. Er erinnere sich an das Hamburg seiner Jugend als eine Stadt, in der es zwar reichere und ärmere Stadtteile gegeben habe, aber es habe in reicheren Stadtteilen auch immer Menschen gegeben, die nicht so viel hatten, und Menschen mit mehr Geld in den einfacheren Vierteln. Das Schlagwort war „Zusammenhalt“. Das Bild, das es in den Köpfen erzeugt, ist aber nicht nur eines von Zusammenhalt, es ist eines von menschlicher Wertschätzung über den materiellen Stand hinaus. Und das ist die beste Absicherung vor der größten Angst unserer Zeit: der Angst vor Demütigung. In diesem Land muss keiner verhungern. Wir werden nicht verfolgt, gefoltert oder umgebracht. Aber wir haben große und oft auch berechtigte Angst davor, gedemütigt zu werden, und viele von uns werden es in viel zu vielen Lebenssituationen. Das so genannte Geheimnis von Olaf Scholz ist, dass er dem Versprechen von „Ich werde Sie nicht hängen lassen“ ein glaubwürdiges Gesicht gegeben hat (übrigens etwas, dass er zur Einführung der Agenda 2010, als er SPD-Generalsekretär war, nicht einmal ansatzweise geschafft hat. Der Mann ist schon unglaublich gewachsen).

Ohne Frage wäre das ein Modell für die Bundes-SPD, aber eben anders, als es in den Leitartikeln gemeint ist, und man sieht es nirgendwo besser als am Beispiel der Causa Guttenberg. Da verzweifelt die Opposition daran, dass es dem Volk laut Umfragen scheißegal zu sein scheint, dass ein Bundesminister gelogen und betrogen hat. Dabei muss man die Zahlen nur lesen, um zu sehen, dass es so eben nicht stimmt: Es gibt inzwischen viele Umfragen zum Thema, aber im Kern besagen sie nach meinem Verständnis einerseits, dass die Menschen Guttenbergs Arbeit positiv bewerten und ihn als Verteidigungsminister behalten wollen, sie andererseits aber seine Glaubwürdigkeit enorm beschädigt sehen. Und das ist kein Widerspruch.

Wenn man sich die Debatten und Forderungen nach dem Aufpoppen der (inzwischen zweifelsfrei nachgewiesenen) Plagiatsvorwürfe ansieht, dann komme ich auch als Guttenberg-Kritiker, auch als jemand, der meint, der Mann müsse selbstverständlich diesen Ministerstuhl räumen, nicht umhin festzustellen, dass es in den Vorwürfen nicht nur darum ging. Ich glaube, Guttenbergs vorsätzliche Täuschung ist einigermaßen widerlich und er muss zurücktreten. Mir blutet das Herz, wenn ich mir dagegen ansehe, wofür Brandt zurückgetreten ist. Wofür Engholm zurückgetreten ist. Wofür selbst der farblose Rudolf Seiters zurückgetreten ist. Aber die in extremer Schärfe vorgetragenen Vorwürfe der Opposition hatten zusätzlich zu ihrem aus meiner Sicht richtigen Inhalt auch die Funktion, den Minister zu Guttenberg zu demütigen – und das ist der psychologische Moment, in dem bei vielen im Volk der Vorhang gefallen ist. Von da an haben sie Fakten und Argumente ganz einfach nicht mehr gehört. Denn mit Demütigung kennen sie sich aus, und Guttenbergs großer Trumpf ist ja gerade, dass er im Meer „jener da oben“ für viele eine Art projizierte Rankhilfe darstellt, an der man sich aus dem Sumpf der eigenen Existenz zu einer Art gefühlter Größe hochfantasieren kann. Das bedeutet ganz offensichtlich nicht, dass die Menschen so blöd sind, dass sie Guttenberg alles glauben. Es muss auch nicht bedeuten, dass sie ihm alles nachsehen. Aber es bedeutet in jedem Fall, dass sie nicht zulassen wollen, dass er – zumal öffentlich – der Demütigung preisgegeben wird. Und jene Oppositionspolitiker, die das versucht haben, haben trotz der richtigen, überzeugenden Argumente in diesem Punkt überrissen. Und so sehr ich auch finde, dass Guttenberg sich gefälligst ein paar Jahre zurückziehen, eine ordentliche Doktorarbeit schreiben und erst dann den nächsten Anlauf auf die Kanzlerschaft unternehmen sollte; selbst obwohl ich glaube, dass er der parlamentarischen Demokratie schadet, indem er sein Amt dieser schäbigen Lächerlichkeit preisgibt, freue ich mich über den Reflex, festzuhalten, dass in diesem Land gefälligst niemand zur öffentlichen Demütigung freigegeben wird. Ich wünschte nur, dieser Reflex würde öfter greifen (nicht zuletzt bei Guttenbergs fünfter Kolonne in der Bild-Redaktion).

Jetzt werde ich noch einen Trick in guttenbergscher Dialektik vorführen, indem ich das beste Argument gegen meine These als Argument für meine These benutze: das Dschungelcamp. Mit gigantischen Einschaltquoten werden dort Menschen ihrer Würde beraubt, vorgeführt und gedemütigt. Ich glaube aber tatsächlich, dass die Faszination dieser Sendung für viele Zuschauer darin besteht, mitzuerleben, wie diese Gestalten ihre öffentliche Demütigung überleben. Ich glaube, dass viel zu viele von uns täglich metaphorische Kakerlaken fressen, und es unterhalt- und sogar heilsam sein kann, zu erleben, wie selbstverständlich Menschen nach einer solchen Herabwürdigung trotzdem noch im Fernsehen auftreten und sich irgendwie okay finden. Die Dschungelcamper erleben ihre Demütigung stellvertretend für uns alle, das macht sie zu Stars. So wie Guttenberg seine Reue stellvertretend zur Schau trägt, und damit den „Jetzt muss aber auch mal gut sein“-Reflex auslöst. Für mich erklärt das einiges.

Allerdings wäre es trotzdem schön, wenn sich Regierungsarbeit und Trash-TV noch irgendwie unterscheiden ließen.

Dr.–ctrl–c Guttenberg

Es muss nicht jeder was zu Axolotl-Guttenberg sagen, aber es kann. Und ich habe mir schon die Lierhaus verkniffen, also darf ich bitte, obwohl fast alles gesagt ist. Aber eben nur fast und auch noch nicht von mir.

Ich bin erklärterweise kein Fan des Verteidigungsministers Guttenberg, insofern habe ich tatsächlich den Anfang dieser Affäre mit einiger Belustigung verfolgt, das muss ich zugeben. Inzwischen finde ich es eher schade, dass die projizierte Lichtgestalt über charakterliche Fehler stürzt, anstatt über politische, von denen KTG ja einige gemacht hat – nur eben unerkannt, weil er gleichzeitig mit seinem Leuchten die meisten Blenden konnte. Aber natürlich sehe ich ein, dass man nicht darüber hinwegsehen kann, wenn der Oberbefehlshaber unserer Armee sich als windiger Charakter mit einem taktischen Verhältnis zur Wahrheit herausstellt, insofern muss ich damit leben, dass er weg ist, bevor ich jedem einzelnen seiner Fans erklären konnte, warum er einfach kein guter Verteidigungsminister ist. Ich werde das verkraften. Aber während ich darüber hinwegkomme, möchte ich doch noch einmal darauf hinweisen, was für eine bemerkenswerte Erklärung er heute Mittag abgegeben hat. Sie gehört aus meiner Sicht zu den frechsten PR-Stunts, die jemals jemand versucht hat. Und das bewundere ich dann doch ziemlich.

Gehen wir das Statement mal durch:

Für diese Stellungnahme bedurfte es keiner Aufforderung und sie gab es auch nicht.

Das ist schon der erste Hammer. Seit zwei Tagen diskutiert Deutschland in seiner Abwesenheit über seine Dissertation, es sind zu diesem Zeitpunkt etwa 80 zumindest extrem fragwürdige Stellen identifiziert (nicht zuletzt in der Einleitung seiner Arbeit), und er wird am späten Abend des Vortages zur Kanzlerin zitiert, was eher ungewöhnlich ist. Aber er hat das Gefühl, es gab keine Aufforderung, und er tut uns genau genommen einen Gefallen, weil er überhaupt etwas sagt? Das ist nicht mehr nur dickhodig, das ist glatte Realitätsverleugnung. Also ein guter Anfang.

Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir.

Das ist ein genialer Satz. Es hat nämlich überhaupt nie jemand behauptet, dass die Arbeit als solche ein Plagiat sei, sondern dass es innerhalb dieser Arbeit eine ganze Reihe von Plagiaten gibt. Den Vorwurf erwähnt er aber gar nicht.

Sie ist über etwa sieben Jahre neben meiner Berufs- und Abgeordnetentätigkeit als junger Familienvater in mühevoller Kleinstarbeit entstanden und sie enthält fraglos Fehler. Und über jeden einzelnen dieser Fehler bin ich selbst am unglücklichsten.

Zum Heulen schön. Wir reden gar nicht über Fehler in der Arbeit, sondern über vorsätzlich abgekupferte Textstellen, also über Fehler im Charakter von KTG. Dazu sagt er aber auch nichts.

Es wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht oder bewusst die Urheberschaft nicht kenntlich gemacht.

Das ist der Schlüsselsatz. Er erscheint inzwischen völlig unglaubwürdig, aber KTG versteckt das zumindest für den Moment hinter dem „es wurde“ anstelle eines „ich habe“. Zu nahe an ein Barschel-mäßiges Ehrenwort wollte er sich nicht begeben. Er entfernt sich so weit es geht persönlich von dem, was da getan wurde. Obwohl niemand als er es getan hat. Gute Technik.

Sollte sich jemand hierdurch oder durch inkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fußnoten bei insgesamt 1300 Fußnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid.

Das soll natürlich diejenigen verkleinern, die überhaupt Vorwürfe erheben. Die Frage lautet ja eigentlich: Sollte sich jemand verletzt fühlen, weil der Oberbefehlshaber der Armee sich als ganz durchschnittlicher Lügenbold entpuppt? Verletzt vielleicht nicht, aber durchaus ein bisschen beleidigt.

Die eingehende Prüfung und Gewichtung dieser Fehler obliegt jetzt der Universität Bayreuth.

Erstklassige Umschreibung von: Haltet alle die Fresse, Ihr habt eh nix zu sagen.

Ich werde selbstverständlich aktiv mithelfen festzustellen, inwiefern darin ein wissenschaftliches, ich betone ein wissenschaftliches Fehlverhalten liegen könnte.

Noch einmal, zum mit- oder abschreiben: Wir könnten damit leben, wenn unser Verteidigungsminister ein schlechter Wissenschaftler wäre (was allerdings ein schlechtes Licht auf die Summa-cum-laude-Uni Bayreuth werfen würde, aber egal). Der Verteidigungsminister sagt hier aber betont offen, dass er nicht dabei mithelfen wird, festzustellen, inwiefern da ein menschliches Fehlverhalten vorliegen könnte. Er wird weiterhin versuchen, das zu verschleiern. Wenn unser Verteidigungsminister aber ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit hätte, dann könnten wir nicht damit leben. Unsere Soldaten werden am anderen Ende der Welt erschossen, und wir wüssten sie gerne in guten Händen.

Und ich werde gerne bis zum Ergebnis dieser Prüfung vorübergehend, ich betone vorübergehend, auf das Führen des Titels verzichten, allerdings nur bis dahin, anschließend würde ich ihn wieder führen.

Lustiger Zug. So etwas wie einen ruhenden Doktortitel gibt es nicht, aber ich nehme an, KTG kriegt auch dann einen ordentlichen Tisch im Restaurant, wenn er den Titel verschweigt. Worauf genau er also verzichtet ist unklar. Aber so ist immerhin das neue Briefpapier schon gedruckt, das ohne „Dr.“ (übrigens, liebes Internet, es gibt gar keinen „Dr.-ctrl-c“. Ich habe das gecheckt).

Ich werde mir keine anderen Maßstäbe anlegen, als ich bei anderen angesetzt hätte. Jede weitere Kommunikation über das Thema werde ich von nun an ausschließlich mit der Universität Bayreuth führen.

Noch schönere Umschreibung von: Fresse halten, ich kann das eh besser beurteilen als Ihr!

Die Menschen in diesem Land erwarten, dass ich mich um das fordernde Amt des Verteidigungsministers mit voller Kraft kümmere und das kann ich auch.

Die Menschen in diesem Land erwarten, dass ihre Vertreter ehrlich zu ihnen sind, Herr Doktor Minister Baron! Zu behaupten, man hätte vor lauter vom Souverän erwarteter Arbeit einfach keine Zeit, sich dem Souverän zu erklären, gehört zu den dreistesten Konstruktionen zur Vermeidung von unangenehmen Fragen aller Zeiten.

Wir stehen vor einer historischen Bundeswehrreform. Und ich trage die Verantwortung für die Soldaten im Einsatz, wie ein Ereignis an dem heutigen Tag einmal mehr auf bittere Weise zeigt.

Und zuletzt benutzt er den tödlichen Anschlag vom Morgen als Erklärung dafür, warum er sich nicht den Fragen der Bundespressekonferenz gestellt hat und auch nicht mehr stellen wird. Das ist nichts als schäbige, perfide kaschierte Feigheit. Allein für diesen Satz möchte ich, dass er nicht mehr in Verantwortung für die Soldaten steht, die ihr Leben in Afghanistan riskieren.

Aber das Schlimmste ist: Trotzdem halte ich das Statement für recht gut konstruiert. Wenn er mit seiner Nummer durchkommt, dann so. Er hat gar nichts zugegeben, Rückfragen ausgeschlossen und das mit seiner wichtigen, dringenderen Aufgabe begründet. Sehr schlau. Aber eben auch sehr eklig.

Und nicht genug: Selbst seine besten Freunde in den Medien haben Probleme, in dieser Situation noch positiv über ihn zu schreiben – oder sie drehen einfach mal richtig durch.

Das wird alles nicht reichen. Die Uni Bayreuth wird heftig ringen müssen zwischen ihrer wissenschaftlichen Reputation und Unabhängigkeit und der Tatsache, dass die vielleicht vielversprechendste Polit-Karriere der letzten zehn Jahre von ihrem Urteil abhängt, und ich bin mir nicht sicher, ob unter diesen Bedingungen wirklich mit einem echten Urteil zu rechnen ist, aber Dr.–ctrl–c Guttenberg hat möglicherweise mit seinem wirklich frechen Stunt, eine Erklärung jenseits der kritischen Öffentlichkeit abzugeben und sich ansonsten jede Behelligung mit dem Thema zu verbitten den aus meiner Sicht tatsächlich bestmöglichen Schuss abgegeben. Aber er wird nicht treffen. Jetzt muss man sagen: Je schneller es nun vorbei ist, umso besser.

PS. Okay, ich habe die Fan-BoysFanbois unterschätzt: BILD schafft es trotzdem noch, begeistert über KTG zu schreiben.

Sarah Palin weiß mehr

Während die Welt sich fragt, wie und wohin ein Übergang der Macht in Ägypten am besten anzustellen ist, weiß Sarah Palin es schon:

„Und keiner hat bisher, keiner hat dem amerikanischen Volk bisher erklärt, was sie wissen, und sie wissen sicher mehr, als der Rest von uns weiß, wer es sein wird, der die Stelle von Mubarak einnehmen wird, und nein, nicht, nicht wirklich begeistert darüber, was es ist, das auf der nationalen Ebene und aus Washington getan wird, um die ganze Situation da in Ägypten zu verstehen.“

Muss man nicht gutt finden

Es muss zu den undankbarsten Aufgaben der Gegenwart gehören, sich als deutscher Oppositionspolitiker an Karl-Theodor zu Guttenberg abarbeiten zu müssen, denn an dem Verteidigungsminister prallt jede Kritik ab – und das nicht nur, weil er in enger Symbiose mit der Bild-Zeitung lebt, die teilweise den Eindruck eines Fanclubs hinterlässt.
Aber die Kritik prallt nicht nur ab, sie lässt auch diejenigen klein und erbärmlich wirken, die es auf sich nehmen, Deutschlands beliebtesten Minister auf seine Fehler hinzuweisen. Obwohl er als Verteidigungs- und vorher schon als Wirtschaftsminister (und, fairerweise sollte man das immer dazu sagen: als Kabinettsneuling) manchmal erratisch agiert, seine eigenen Einschätzungen und Entscheidungen ohne Erläuterung umwirft und in seiner Inszenierung durchaus auf beiden Seiten der Grenze des guten Geschmacks zu finden ist, entsteht von seinen Kritikern der Eindruck, sie würden ihm ganz einfach nicht gönnen, dass er so unglaublich toll ist. „Muss man nicht gutt finden“ weiterlesen

Tweet like an egyptian

Das ist beeindruckend clever und beeindruckend schnell: Google hat eine Möglichkeit für Ägypter entwickelt, zu twittern, obwohl das Internet abgeklemmt ist: per Anruf und Spracherkennung! (Nachtrag: Wie betabug in den Kommentaren feststellt, habe ich das falsch verstanden: Speak-to-tweet heißt nicht Spracherkennung, sondern es heißt, dass man eine Sprachnachricht hinterlassen kann, die dann jeder durch klicken auf den Tweet hören kann. Nicht ganz so schick, wie ich dachte).

Auf dem Google-Blog heißt es:

We worked with a small team of engineers from Twitter, Google and SayNow, a company we acquired last week, to make this idea a reality. It’s already live and anyone can tweet by simply leaving a voicemail on one of these international phone numbers (+16504194196 or +390662207294 or +97316199855) and the service will instantly tweet the message using the hashtag #egypt. No Internet connection is required. People can listen to the messages by dialing the same phone numbers or going to twitter.com/speak2tweet.

Mein Textvorschlag wäre: Mister Mubarak, please proceed to your gate immediately – your plane is now boarding!