Vergangene Woche legte die irische Zentralbank eine Studie vor zu den Sparprogrammen der europäischen Krisenstaaten. Es ist in jeden Fall eine gewaltige Fleißarbeit gewesen, sich durch die Papiere so vieler Länder zu wühlen, tatsächlich Umgesetztes von vorerst nur Angekündigtem zu trennen und das ganze in eine lesbare Form zu bringen. Und eine Aussage lässt sich sehr einfach daraus ableiten: Niemand spart so viel wie Griechenland.
Das ist eine Nachricht, die vielleicht nicht so richtig zu dem Strom an Geschichten passt, die Athen in den vergangenen Jahren und Monaten „mangelnden Sparwillen“ unterstellt haben, aber es ist doch eine Nachricht, die den normalen deutschen Steuerzahler ein bisschen beruhigen könnte. Eigentlich eine gute Nachricht, auch wenn es traurig ist, dass sie überhaupt für jemanden neu ist. Man hätte es wissen können. Aber hier kommt die knifflige Frage: Woher sollen die Leute das wissen? Der Tenor in den Massenmedien war ja wirklich ein anderer. Wer hätte es ihnen sagen sollen?
Damit kommen wir zum Wirtschaftsressortleiter des Focus, Uli Dönch. Er schreibt unter anderem Kolumnen auf Focus Online, die wahrscheinlich von manchen Menschen als „launig“ umschrieben würden. Das heißt, die steile These ist ihm wichtig. Vor drei Wochen zum Beispiel schrieb er über Griechenland
Sie können nicht sparen – und wollen es auch gar nicht. Stattdessen geben die Griechen immer gern anderen die Schuld: Früher den USA, heute Deutschland, morgen vielleicht den Eskimos
Die Zahlen sind schlecht. Unfassbar schlecht. Und das, obwohl wir Rest-Europäer Griechenland mit gut 380 Milliarden Euro unterstützt haben. Es hat nichts genützt. Im Gegenteil: Der Verschwender-Staat wächst weiter, die korrupte Bürokratie wuchert wie nie – nur die ohnehin dürftige private Wirtschaft kollabiert.
Das ist ein Widerspruch: „Sie können und wollen nicht sparen“, sagt Dönch. „Die größten Sparer Europas – und das mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagen die Zahlen. Und in der Beurteilung wirtschaftlicher Vorgänge besteht eine Einigkeit darin, dass die realen Zahlen wichtiger zu nehmen sind als das, was in Uli Dönchs Kopf vor sich geht. Aber das bedeutet in der Folge, Dönch kann entweder keine Zahlen lesen, oder er versucht es gar nicht erst. Ich sage es noch einmal: der Leiter des Wirtschaftsressorts des Focus seit zwölf Jahren.
In der Folge ist sein Text, der bei sauberer Recherche vielleicht einfach eine Polemik gewesen wäre, ein reines Hetzpamphlet. Er nutzt den billigsten Trick, den er finden kann, nämlich die Polemik eines griechischen Autoren gegen die griechische Motzmentalität (boah, meta, motzen gegen’s Motzen!) und konstruiert aus ihr den endgültigen Beweis: Wenn ein Grieche schon Griechenland kritisiert, muss das ja stimmen – findet lustigerweise ein Autor, der sonst Griechen gar nichts glaubt.
Die Hetze des Uli Dönch ist eine rassistisch konnotierte. Das, was er schreibt, wertet ganze Völker ab, soll demütigen und verächtlich machen. Es ist auch nicht das erste Mal, er ist auf einer Art Kriegspfad, möchte den Griechen am liebsten die Souveränität entziehen, sie aus dem Euro werfen gemeinsam mit den anderen „Euro-Schwächlingen“, den „unreifen Südländern“, den „heißen Kandidaten des Griechenland-Ähnlichkeits-Wettbewerbs“. Die Menschenverachtung seiner Sprache gehört für mich zum Ekelhaftesten, das ein deutsches Mainstream-Medium zu bieten hat.
Zum Glück steht es nur im Focus.