News to use

Ich war zumindest in einem Segment bei der Selbstabwertung der Zeitschriften dabei und habe sie miterlebt: Bei den Männermagazinen.
Ich war Teil der Gründungsredaktion der deutschen Ausgabe von FHM und bin immer noch stolz YPS Extradarauf, weil wir damals einige Dinge gemacht haben, die in Deutschland vollkommen neu, aufregend und erfolgreich waren. Ein halbes Jahr später kam Maxim mit auf den Markt, ein nur halb entschlossenes Me-Too (und inzwischen eingestellt offenbar wieder belebt), und kurz darauf begann die Aufrüstung mit Extras. Ich erinnere mich an eine Maxim-Ausgabe in einer Tüte, in der außerdem (meiner Erinnerung nach, aber der Umfang stimmt ungefähr) ein Schokoriegel, eine Baseball-Mütze, ein Kondom und ein Duschgel untergebracht waren. Es war wie in der Real-Supermarkt-Werbung: Alles drin. „News to use“ weiterlesen

Was unterscheidet eigentlich Journalisten von Amateuren?

Als ich noch Jura studiert habe, waren Menschen in genau zwei Kategorien eingeteilt: Juristen und Laien. Laien hatten eine Art Anrecht darauf, Dinge so zu sehen, wie sie waren, und nicht wie sie in den juristischen Kommentaren auftauchten (hin und wieder  wagte es ein Richter, ein Urteil tatsächlich so zu fällen, wie es auch für Laien selbstverständlich gerecht war. So ein Urteil nennen Juristen dann „lebensnah“).

 

Journalists War ZoneFür uns Angehörige der Vierten Macht im Staat ist die Abgrenzung zu den Laien schwieriger als für Juristen, weil sich jeder Journalist nennen darf, so will es die innere Pressefreiheit. Wenn wir nun aber von der simplen Verbreitung von Nachrichten befreit sind, weil sie sich plötzlich durch jeden
Hans und Franz und damit quasi von selbst verbreiten, dann sollten wir uns in Zukunft wahrscheinlich verstärkt auf das konzentrieren, was wir (und nur wir) können. „Was unterscheidet eigentlich Journalisten von Amateuren?“ weiterlesen

Braucht mich noch einer?

Ich sitze in einem kleinen Haus auf einer griechischen Insel, relativ abgeschottet von der Welt der deutschen Printmedien (in der nächsten Stadt gibt es täglich eine Süddeutsche, eine Bild und wöchentlich drei Spiegel undHängematte zweimal die Zeit), aber Breitband-Internet hat Einzug gehalten, und wenn ich sporadisch meinen RSS-Reader ansehe, dann lese ich die Klagen von Menschen, die sich über „Content-Klau“ im Internet aufregen. Ich nehme an, vielen geht es wie mir wenn ich sage: Langsam wird es langweilig. Das Schlimme sind für mich gar nicht Dinge wie die unsauber gedachte Hamburger Erklärung der Verlage und Verbände, in denen sie im Prinzip ja nur verlangen, man möge sie bitte mit Geld
bewerfen. Ich finde, das ist eine Forderung, die jeder stellen können sollte. Das wird sich von selbst erledigen, wenn niemand wirft. Mein Problem ist nicht, dass die Verlagshäuser (und damit die bisher wichtigen „Content-Produzenten“) das Internet nicht verstanden haben (einige haben das ja), sondern dass mit ihrem kopflosen Aktionismus offenbaren, dass sie ihre eigenen Medien entweder nicht verstehen oder ihnen nicht mehr vertrauen. „Braucht mich noch einer?“ weiterlesen

Special Interest

Menschen mit einem Hobby sind interessante Leser, weil man weiß, wofür sie sich interessieren. Man kann für sie schreiben und man kann ihnen Anzeigen dazu servieren, die sie tatsächlich informativ finden. Eigentlich dürfte es Special-Interest-Magazinen nicht so schlecht gehen, wie es ihnen gerade geht. Sie sollten sich am Leser- und am Anzeigenmarkt besser behaupten können, als sie es tun. Tatsächlich leiden die meisten von allerdings an Leser- und Anzeigenrückgang. Ein Teil mag der aktuellen Krise geschuldet sein, aber es ist (wie in allen anderen Branchensegmenten auch) meiner Meinung nach viel zu einfach, die schwindende Aufmerksamkeit, die Magazinen offensichtlich zuteil wird (3,5 Prozent Rückgang in der aktuellen AWA) auf die Krise zu schieben. In diesem Fall ist es aber vielleicht tatsächlich der zweite der gern genannten Schuldigen: das Internet. Menschen, die für ein Hobby brennen, treffen sich offenbar in zunehmendem Maße lieber in Foren oder lesen Blogs von Gleichgesinnten, als den mehr oder weniger teuer produzierten Content von Magazinen zu ehren. Sie machen tatsächlich einfach, was sie wollen. Und nehmen dabei – das ist die gern gehörte Klage – den eingesessenen Medien mit ihren Amateurangeboten auch noch Anzeigenerlöse weg. Und natürlich muss man sagen: Wer so denkt, hat es auch nicht besser verdient. „Special Interest“ weiterlesen

Meine Mischung

Die großartigste, bestbezahlte Fähigkeit im Magazinjournalismus, die letztlich über Erfolg und Misserfolg entschieden hat und Karrieren begründet, ist die Fähigkeit, das herzustellen, was Tina Brown „The Mix“ genannt hat. Und zumindest zu ihrer Zeit als Chefredakteurin der amerikanischen „Vanity Fair“ gab es niemanden, der eine spannendere, besser funktionierende Mischung gefunden hat als sie – zwischen hart und weich, lang und kurz, traurig und lustig, glamourös und mitfühlbar. Jedes Heft musste immer schon ein bestimmtes, wiederkehrendes Gefühl herstellen, um befriedigend für den Leser zu sein, so wie es jede Fernsehserie muss, jeder Roman, jedes Paar Schuhe. Aber die größte Kunst war immer, ein bestimmtes Gefühl herzustellen über das ganze Leben. Nicht im „Special Interest“, wo die Lebensgefühle der Golfer, Taucher oder – wie heute bei Brand Eins – derjenigen abgebildet und befriedigt werden müssen, die unter Wirtschaft mehr verstehen als die Zahl, die am Ende dabei herauskommt. Die Königsdisziplin war das Leben der Masse, der Vielen, der Lieschen Müllers. Wer die Bedürfnisse der Masse befriedigen kann, der wird reich, berühmt und mächtig. Wer die geheime Formal kennt für den „Mix“, der war ein gemachter Chefredakteur. „Meine Mischung“ weiterlesen