Ich bin provoziert worden

Dirk von Gehlen hat mir offenbar ein „Blogstöckchen zugeworfen“, was bedeutet, ich bin jetzt so eine Art Geisel und kann nicht mehr ruhig schlafen, bis das hier erledigt habe.

Zähle 5 Bücher auf, die ganz oben auf deiner Wunschliste stehen, die aber KEINE Fortsetzungen von Büchern sind, die du schon gelesen hast – sie sollen also völlig neu für dich sein. Danach tagge 8 weitere Blogger und informiere diese darüber.

Ich halte das für eine Art Kettenbrief mit einem bescheuerten Namen, aber für Dirk würde ich selbst dabei mitmachen (außerdem ist mir gerade eingefallen, dass ich ja alle Bücher mit Amazon-Affiliate-Links versehen kann, oder? Ich versuche das). Ich warne vorweg, dass mein Literaturgeschmack unvorstellbar unoriginell und merkwürdig ist.

Also:

1. Tatsächlich ungelesen liegt bei mir ungelesen Zadie Smith – NW
auf dem Nachttisch. Weil ich sie ziemlich verehre und alle ihre Bücher geliebt habe. Ich fühle mich auf die bizarrstmögliche Art mit ihr verbunden: Ich habe das Gefühl, sie macht das, was ich tun würde, wenn ich es könnte (ähnliche Gefühle habe ich übrigens in der Musik in Bezug auf Badly Drawn Boy (Affiliate Link: Have You Fed The Fish),in der Mode für den unverschämt viel zu früh verstorbenen Alexander McQueen und beim Sport selbstverständlich für Iron Mike Tyson). Und ich lese gerne auf englisch, um mein Englisch zu erhalten.

2. Entsprechend werde ich sicher irgendwann Mike Tysons Undisputed Truth: My Autobiographylesen, wobei da wahrscheinlich noch ein paar Bücher dazwischenrutschen, an die ich im Moment noch nicht denke, die ich dann plötzlich wichtiger finde, obwohl sie es sicher nicht sind.

3. Das Geschäft mit der Musik: Ein Insiderberichthätte mich kein Stück interessiert, wenn ich nicht dieses irrwitzig spannende Interview mit ihm auf heise.de gelesen hätte, bei dam man (ich zitiere meinen Bürokollegen hier) „jeden Satz rausnehmen und küssen will“. Jetzt ist das wohl Pflicht.

4. Und als Politik-Nerd freue ich mich auf Das Hohe Haus: Ein Jahr im Parlamentvon Roger Willemsen.

5. Ich habe außerdem eine Schwäche für den Mond und fest vor, ihn noch in meiner Lebenszeit zu bereisen. Deshalb ist für mich das ohne Frage tollste, schönste und wichtigste Buch des vergangenen Jahres Norman Mailer: Moonfire: The Epic Journey of Apollo 11.Es liegt bei mir nicht ganz ungelesen, aber ich bin noch lange nicht damit fertig (ich kannte natürlich auch den Text von Norman Mailer schon und habe es wegen des Gesamtpakets gekauft. Unfassbare Fotos!). Insofern erfüllt das Buch nur so halb die Kriterien.

Ich weiß, ich soll jetzt acht (ACHT?) Blogger benennen, die ihre Buchvorsätze aufzählen sollen. Mach ich aber nicht.

Lieber Journalismus, wir müssen reden

Die Branche, jeder weiß das, ist durch und durch korrupt. Fast kann man sagen, dass es schon eher die Ausnahme ist, wenn irgendwo das drinsteht, was außen angepriesen wird. Die Produkte sind oftmals unter nachlässigsten Bedingungen produziert, von Menschen, die gerade noch so das Nötigste dafür bekommen, an Mitteln und an Bezahlung. Quantität geht weit über Qualität, und der allergrößte Teil der Kundschaft ist ohnehin an nichts interessiert als daran, möglichst nichts für die Produkte zu bezahlen. Und obwohl neue Technik das gesamte Gewerbe in den letzten Jahrzehnten revolutioniert hat, werden nicht nur die Möglichkeiten kaum ausgeschöpft, selbst althergebrachte Standards werden pausenlos unterlaufen: weil es alle machen; weil die Ausbildung so schlecht ist, dass an sich Ungeheuerliches normal erscheint; oder weil echte Kriminelle am Werk sind. Allen Sonntagsreden zum Trotz verschwinden die letzten verbliebenen Qualitätsproduzenten von diesem Scheiß-egal-Markt, weil niemand ihre Arbeit honoriert. Es könnte sein, dass bald kein einziger mehr übrig ist. Das ist nicht einmal unwahrscheinlich.

Die Rede ist von Olivenöl, dem eigentlich schönsten Produkt der Welt. Wovon denn  sonst?

Bleiben Sie kurz bei mir: In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift BEEF ist eine Geschichte, die ich geschrieben habe, über Olivenöl. Oder, wenn man es genauer nimmt, über die Suche ganz verschiedener Männer nach dem besten Olivenöl der Welt – weil wir in Wahrheit nach Jahrtausenden erst langsam in die Position kommen, das ganze Potenzial dieses einzigen Fruchtsaftes unter den Ölen wirklich auszuschöpfen (Olivenöl war über Jahrtausende zwar wertvolle Medizin, Brennstoff und rituelle Substanz, aber keine Nahrung. Es war bis zur Einführung der Zentrifuge in die Mühlentechnik in den Siebzigerjahren sowieso von Anfang an ranzig).
Die Recherche für diese Geschichte begann vor anderthalb Jahren, als ich Conrad Bölicke kennenlernte: Wahrscheinlich der deutsche Olivenölpapst, in jedem Fall ein Mann, der unvorstellbar viel über die Materie weiß. Vor 18 Jahren hat er eine Firma gegründet, die Spitzenöle kleiner, feiner und wie ich gleich noch erläutern werde auch sonst besonderer Produzenten direkt vermarktet. Das System funktioniert in etwa so: Er bezahlt den Produzenten mehr, als sie beim Verkauf an die üblichen Konzerne verdienen würden, und über die Direktvermarktung bleiben die Öle trotzdem für die Endkunden bezahlbar.

Das ist der erste Schritt. Es kommen zwei noch wichtigere: Zum einen bietet das Konzept die Möglichkeit, dass die Kunden die Produzenten (medial und bei Veranstaltungen auch direkt) selbst kennenlernen können. Und zweitens verpflichtet sich jeder Produzent einem großen Ziel: Immer besser zu werden. Denn tatsächlich gibt es immer noch keine Olivenfachschulen in Europa, werden die Mühlen immer noch betrieben von Mechanikern, die viel über Maschinen wissen und wenig über Oliven, und gleichzeitig denkt jeder Grieche, Spanier und Italiener, er oder zumindest sein Onkel machten ohnehin das beste Öl der Welt, zu lernen gäbe es da nichts mehr. Deshalb braucht es die besonderen Produzenten: Sie stellen sich zunächst mal gegen eine ganze Kultur. Im Ernst und bei allerZurückhaltung: Die Geschichte in BEEF ist wirklich ganz interessant.

Aber mich beschäftigt dabei noch etwas anderes: Die Art und Weise dieser Männer, mit der (ewigen) Krise ihrer Branche umzugehen. Sie machen nämlich die Dinge ganz einfach so, wie sie sein sollten: Sie stellen die höchste Qualität her, verbessern sich dabei trotzdem immer weiter und finden die Kunden, die tatsächlich bereit sind, für die ehrliche Qualität zu bezahlen. Das ist das eine. Das andere ist: Alle Kunden, die nicht bereit sind dafür zu bezahlen, fressen den Scheißdreck, der als Olivenöl verpackt im Supermarkt steht.* Mir persönlich kommt das bekannt vor: Es ist der Weg, der im Journalismus seit Jahren behauptet wird. Aber so wenig, wie aus minderwertigem Lampantöl „Extra Vergine“ wird, nur weil man in Brüssel so lange lobbyiert, bis es legal ist (doch!), so wenig wird aus Quatsch „Qualitätsjournalismus“, nur weil man es behauptet.

Aber das ist nur der erste Gedanke, das erste Gefühl, das auftaucht, wenn man in einem Olivenhain in der Nähe von Korinth steht, über das Land sieht und fast schon körperlich spürbar all das einatmet, was der Olivenbaum und seine Frucht bedeuten. Sie sind in jeder Hinsicht Nahrung, sind Kulturgut, das Symbol und gleichzeitig die Erfüllung dessen, wofür es steht: Nahrung und Lebensgrundlage, gleichzeitig prägend für und geprägt von ihrer Heimat. Ihre Geschichte ist so reich, dass man praktisch jede andere Geschichte der Welt damit verknüpfen kann. Man könnte die ganze Geschichte der südeuropäischen Krise an der Olive entlang erzählen, wenn man wollte. Natürlich könnte man das: Sie ist das wahre Leben. Es macht einen Unterschied, ob es den Oliven gut geht oder nicht. So wie es für die Menschen einen Unterschied macht, ob sie echtes, ehrliches Olivenöl essen oder nicht**.

So wie es für die Verfasstheit jeder Gesellschaft wichtig ist, dass die echten, ehrlichen Informationen fließen. Die Frage, die sich dabei aufdrängt – mir aufdrängt – ist: Sind Journalisten da noch die richtigen? Wenn diese Männer, Conrad Bölicke zum Beispiel, oder Dimitrios Sinanos, der Olivier in Korinth, wenn sie ihr Produkt herstellen, dann machen sie den Boden besser. Wenn sie es verkaufen, machen sie ihr Dorf besser, ihre Gemeinde, sie machen das Leben ihrer Kunden besser. Und wenn sie darüber reden, wie und warum sie es machen, dann transportieren sie Werte, die nach meiner Erfahrung in meiner Branche, dem Journalismus, in den vergangenen Jahren immer lauter behauptet und immer weniger gelebt wurden.

Ich habe nichts anderes gelernt als meinen Beruf, deshalb kam es für mich sehr überraschend, als Conrad mich vor kurzer Zeit gefragt hat, ob ich in meinem Leben nicht noch einmal etwas Vernünftiges machen will: das, was er macht. Wenn man ihn fragt dann heißt das eigentlich: Die Welt ein bisschen mehr so machen, wie sie sein sollte.

Journalist bleibt man ja irgendwie für immer. Ich auch. Aber jetzt eben vor allem im Herzen, in der Realität nur in sehr ausgewählten Fällen.***

Wenn Sie, wenn Ihr, aber ein echtes, ehrliches, großartiges, aufregendes, besonderes Olivenöl sucht – und das sollte jeder tun –, dann gerne bei arteFakt, denn da bin ich ab sofort und verbinde meine Liebe zum Mittelmeer, zum Essen, zur Kultur und nicht zuletzt auch irgendwie die zur Kommunikation mit meinem Lebensunterhalt.

Ich werde an dieser Stelle davon berichten. Wünscht mir Glück.

HainKlenia

 

*(und damit meine ich nicht nur die ganzen Öle, die in den Tests durchfallen. Selbst die besseren Supermarktöle sind regelmäßig nur durch die lächerliche EU-Olivenölverordnung überhaupt legal als „extra nativ“ im Handel. In Wahrheit ist das sehr oft minderwertiger Schmodder).

**(all die Wunder, die Olivenöl in Bezug auf Herz und Gefäße zugesprochen werden sind wahr – wenn man gutes Öl isst. Und Öl kann noch viel mehr).

***(das sind zunächst mal meine Kolumnen in GQ und Emotion, zwei Redaktionen, denen ich sehr dankbar bin und die meinen Schritt mit amüsiertem Interesse verfolgen).

 

Endlich reden wir mal über Sex: fickt euch!

Es ist eine Liste von Ekligkeiten: CDU-Partei … ähem, „freunde“ von Christian Wulff setzen das Gerücht in die Welt, seine neue Frau hätte eine „Rotlichtvergangenheit“, und bei passender Gelegenheit drucksen deutsche Medien so lange um die Tatsache herum, dass es vollkommen indizienfreie Gerüchte gibt, bis irgendwann zumindest alle mal darüber schreiben können, dass wieder andere möglicherweise irgendetwas hätten, dass sie berichten könnten. Diese Geschichte ist letztlich in die Öffentlichkeit gelangt, weil Günther Jauch in seiner Sendung den BILD-Vize damit konfrontierte, dass die Berliner Zeitung schrieb, die BILD hätte möglicherweise irgendwelche Informationen? Der Schwager einer Freundin der Arbeitskollegin des Bekannten von Dingenskirchen sicher auch, aber den fragt ja keiner.

In meiner persönlichen Liste der Ekelpriorität stehen die Parteifreunde noch ein bisschen höher – also in der realen Welt niedriger, Prioritäten sind ja nur eine Ableitung der Wirklichkeit –, aber ich schaffe es kaum, mich über diese niedersächsischen Provinzpusteln aufzuregen, weil ich ein noch viel grundlegenderes Problem mit dieser Geschichte habe. Und zwar dieses: Leben wir wirklich immer noch in Zeiten, in denen wir Hexenjagden veranstalten auf Frauen, weil sie (in diesem Fall: angeblich) einmal Prostituierte waren? Verstehe ich das richtig, dass ein deutscher Ministerpräsident sich nicht in eine/n Prostituierte/n verlieben und sie/ihn heiraten darf?

Ich habe hier ein ernstes Problem, und ich rege mich seit Tagen mehr und mehr darüber auf, mit welcher Scheinheiligkeit wir pausenlos Menschen sowohl nach ihrem Sexualleben als auch nach ihrer Sexualität bewerten und dabei im- und explizit mit Werten und Begriffen um uns werfen, die in der Debatte nichts verloren haben. Ich will das gerne begründen.

Um eins vorweg zu nehmen: Ich werde im Folgenden beschreiben, dass ich die Vorwürfe gegen Bettina Wulff schon deshalb für eklig halte, weil sie implizieren, eine „Rotlichtvergangenheit“ würde sie als First Lady disqualifizieren. Dabei ist mir vollkommen bewusst, dass Bettina Wulff keine solche Vergangenheit hat und die ganze Diskussion nur auf niederträchtigen Gerüchten basiert. Ich möchte nicht implizieren, ich hielte es für möglich, dass sie eine solche Vergangenheit hat. Ich bin völlig davon überzeugt, dass sie sie nicht hat. Mein Punkt ist, dass ich glaube, es könnte durchaus eine First Lady geben, die ähnlich gut geeignet für diese Funktion ist wie Bettina Wulff (vor deren Haltung in der Krise rund um den Rücktritt ihres Mannes ich einen unendlichen Respekt habe) und die eine Vergangenheit als Wasauchimmer hat.

Aber zum Punkt: Es gibt offenbar kein valides Datenmaterial zur Prostitution in Deutschland, erst recht nicht zu den Freiern. Die Daten bei Umfragen variieren derart, dass sie völlig sinnlos sind. Aber ich wohne wenige Minuten von der Reeperbahn entfernt. Ich persönlich halte die Umfragen, die sagen, etwa die Hälfte aller Männer in Deutschland hat schon für Sex bezahlt für nicht weit hergeholt. Rein von den Zahlen her muss man sagen, Prostitution ist in dieser unserer Gesellschaft fest verankert. Ich weiß, dass Sexarbeit mit besonderen vor allem psychischen Belastungen einhergeht, ich meine es absolut nicht respektlos wenn ich sage: Es ist ein ganz normales Gewerbe. Aber das ist es. Prostituierte zahlen Steuern und erfüllen offensichtlich eine gesellschaftliche Funktion. Und wenn es eine Ehe zwischen einer Hure und einem Spitzenpolitiker gibt, dann würde ich jederzeit darauf wetten, dass die Hure im ehrlicheren Gewerbe beheimatet ist. Wenn es eine Vergangenheit gibt, die einen Menschen als Bundespräsidenten (oder dessen bessere Hälfte) disqualifiziert, dann aus meiner Sicht jeder Posten in der niedersächsischen CDU zehnmal eher als Sex in unzähligen Positionen in einem Hannoveraner Puff.

Noch einmal: Bettina Wulff hat keine Rotlichtvergangenheit. Sie ist nur sexier als es in der niedersächsischen CDU ertragen wird. Wahrscheinlich ist da was dran, dass wenn man geil aussieht oder keine Probleme damit hat, hübsche Frauen abzuschleppen, man gar nicht erst in die Gefahr gerät in die Junge Union einzutreten. Aber Gerüchte über eine junge Frau verbreiten, um ihrem Mann zu schaden? Buäh, seid Ihr eklig!

Jedenfalls: Der falsche Anwurf, der da kam um dem damaligen Ministerpräsidenten Wulff zu schaden hatte die Stoßrichtung, seine Urteilsfähigkeit in Zweifel zu ziehen. Wer sich in eine Nutte verliebt, das soll man wohl denken, der hat sich auch sonst nicht unter Kontrolle (und ist möglicherweise sogar erpressbar). Anders kann ich die mutwillig platzierten Gerüchte nicht verstehen. Was zu Ende gedacht bedeutet: Eine Nutte kann keine Frau sein, in die ein ernsthafter Mann sich verlieben kann. Schließlich ist sie eine Nutte. Und der Mann kann deshalb nur auf sie hereingefallen sein, wahrscheinlich deshalb, weil in ihrer Gegenwart zu viel von seinem Blut nicht in seinem Gehirn ist. Der Sex hat in willenlos gemacht.

Als ernsthafte Ehefrauen für Spitzenpolitiker kommen also nur solche infrage, die zumindest aus Sicht ihrer eigenen Männer nicht so geil sind. Da ist dann die Junge Union natürlich wieder weit im Vorteil.

Nur halb unabhängig davon führen wir gerade wieder eine Debatte darüber, was eigentlich eine Ehe ist, warum sie heilig und unter der besonderen Schutz des Grundgesetzes ist und warum sie nur zwischen Mann und Frau möglich sein soll. Und hier erreicht mein persönlicher Ärger seinen Höhepunkt.

Als heterosexueller, verheirateter Christ mit zwei Kindern möchte ich bitte einmal explizit darauf hinweisen, dass ich die quasi synonyme Nutzung der Begriffe „Ehe“ und „Familie“ für offensichtlich überholt und deshalb unredlich halte. Ich kann auch nicht den Hauch eines Hinweises erkennen, warum nicht zwei Männer, zwei Frauen, jede Kombination von und mit Transsexuellen oder eben ein Mann und eine Frau egal welcher sexueller Ausrichtung heiraten können sollen. Als Bürger glaube ich, die Ehe ist die freiwillige Übernahme von Verantwortung für einen Partner. Als Christ glaube ich, die Ehe ist das Sakrament der Uneigennützigkeit, der Liebe, der Hingabe. Ich glaube, die Geschichte hat gezeigt, dass Familien auf tausende Arten entstehen, und weder die Ehe noch die Tatsache, wer nun gerade am Zeugungsakt eines bestimmten Menschen beteiligt war haben nachhaltig viel Einfluss darauf, ob und wie eine Familie funktioniert. Sie ist mehr als das. Jesus Christus hatte zwei Väter, und er ist meiner Meinung nach ein guter Typ geworden.

Das alles gehört nur bedingt zusammen, aber eben doch auf eine Art. Ich beobachte, dass wir in ein Denken zurückfallen, das so lange überholt ist, dass es schon wieder frisch wirken könnte. Ist es aber nicht: Bettina Wulff ist eine derart beeindruckende Frau (wenn ich an ihr Lächeln während seiner Rücktrittsrede denke, salutiere ich ihr in Gedanken), dass es schon total egal sein müsste, was auch immer sie mit 18 oder 28 gemacht hat – wenn sie hätte, was sie nicht hat. Und wenn wir es verwerflich finden, dass Frauen und Männer anderen sexuelle Dienstleistungen verkaufen, dann sollen wir bitte alle damit aufhören, solche in Anspruch zu nehmen, und nicht diejenigen verurteilen, die offensichtlich vorhandene Bedürfnisse befriedigen.

Wir glauben an die Liebe, sogar an die besondere, die eine, die zur Ehe wird. Meine erste Bitte wäre, dass selbst CDU-Mitglieder auch dann daran glauben, wenn eine Frau daran beteiligt ist, die geil ist. Ich versuche ja, mich in diese Welt hineinzudenken. Und klar der Christian war einer von euch Politik-Nerds, und er hat entgegen aller Regeln und Wahrscheinlichkeiten eine Bombe abgekriegt. Da kann man schonmal misstrauisch werden. Aber deshalb gleich Gerüchte streuen? Ich würde sagen: Behaltet das in Zukunft für euch, Ihr verklemmten Wichser.

Wir haben eine Übereinkunft: Das Sexualleben eines Menschen geht niemanden etwas an, so lange erwachsene Menschen freiwillig miteinander umgehen. „Das geht niemanden etwas an“ bedeutet nicht, dass wir nicht darüber reden können. Wahrscheinlich reden wir viel zu selten darüber, so selten, dass Bundespräsidenten schon von Haus aus wirken müssen, als würden sie sich nicht gerne das Gehirn rausvögeln lassen. Und wenn wir nicht jungen Heteropaaren vorschreiben wollen, dass sie zumindest einen Kinderwunsch haben müssen, um heiraten zu können, hat sich das Argument der „Keimzelle der Familie“ zur Ablehnung der Homo-Ehe aus meiner Sicht erledigt. Es ist einfach nicht mehr wahr: Familien entstehen dauernd und überall. Es werden Kinder nach besoffenen One-Night-Stands geboren, ohne dass wir diese Form des Sexualkontakts deshalb als Keimzelle von irgendwas unter einen besonderen Schutz des Grundgesetzes stellen müssten oder wollten.

Ehe und Familie sind nicht das gleiche, wie es die Rechtsprechung in Deutschland immer noch impliziert und wie es konservative Politiker explizit behaupten. Ich finde meine Töchter ganz toll und möchte nicht ohne sie sein, aber sie sind nicht der Grund, warum ich meine Frau geheiratet habe. Der Grund, warum ich meine Frau geheiratet habe, ist meine Frau. Und ich kann nicht erkennen, warum eine lesbische Frau nicht denselben Grund haben sollte, ihre Frau zu heiraten. Ich bin nicht besser als sie. Und jedem, der gegen die Homo-Ehe mit „der Familie“ argumentiert möchte ich sagen: nicht mit meiner. Wir fühlen uns kein bisschen schlechter geschützt nur deshalb, weil anderer Leute Liebe vor dem Gesetz genau so viel Wert ist wie unsere.

Raus!

Spiegel-Online hat in einer schön ausrecherchierten Geschichte die Kosten für einen kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2020 berechnet.

Fest steht: Der rasche Ausstieg aus der Kernenergie wäre teuer. Die Kosten bis 2020 würden sich grob überschlagen auf rund 233 Milliarden Euro summieren, mit den zusätzlichen Windkraftwerken auf 245 Milliarden.

Das wären bei 82 Millionen Bürgern in Deutschland 2987,80 Euro. Verteilt auf neun Jahre pro Jahr 331,98 Euro pro Person, im Monat also 27,66 Euro. Wir sind eine vierköpfige Familie, das macht also 110,64 Euro, und weil sich viele das auch nicht leisten können, wenn sie unbedingt wollen, legen wir nochmal 50 Prozent drauf (55,32 Euro). Macht für mich monatlich 165,96 Euro. Nicht wenig Geld.

Aber das wäre es mir wert.

In eigener Sache

Ich kümmere mich gerade zu wenig um diesen Blog, weil gerade so viel los und zu tun ist. Das wird wieder besser, versprochen. Nur ganz kurz an dieser Stelle: Für das Lob, die Kritik und die Anregungen nach meinem Auftritt bei Anne Will am Sonntag vielen, vielen Dank!

Lesbarkeit – In eigener Sache

Natürlich unterliege auch ich ein Stück weit dem Widget-Wahn, und wer schon einmal hier war wird feststellen, dass ich ein paar Google-Anzeigenblöcke eingebunden habe. Letzteres ist ein Test, weil ich theoretisch finde, dass Journalisten langsam anfangen müssen, unabhängige Einnahmequellen aufzutun (ich nehme an jeder ahnt es: Ich verdiene hier nicht einmal Hubert Burdas „lousy Pennies“). Es geht also eher ums Prinzip. Aber dieses Prinzip macht die Seite weder schöner noch lesbarer, deshalb schlage ich allen, die das Drumherum zu sehr nervt und die nur wegen der großartigen Texte kommen (was riecht hier so?) ein geniales Tool vor: Readability. Damit kann ich alles Störende ausblenden und mir die Texte so formatieren, wie ich am liebsten lese (funktioniert nur auf Artikelebene, auf der Homepage weiß das Ding nicht, welchen Artikel es zeigen soll).

Ich bin der Neue

Jetzt sieht das hier also schon viel schicker aus, oder nicht? Ein paar Probleme habe ich noch: Oben sind ein Archiv- und ein Über-Button, bei denen ich noch nicht rausgefunden habe, was sie sollen, und an manchen Stellen steht bizarrer, von einer Maschine übersetzter Blindtext. Wenn Sie also jemand auffordert, Ihre Kommentare irgendwo runterzutreten, dann machen Sie einfach das, was Sie ohnehin tun wollten. Okay?

Bis hierhin vielen Dank!

Warnung: Dieser Blog soll schöner werden!

Eine kurze organisatorische Durchsage: Dieser Blog soll schöner werden. Ich behaupte das seit langem, aber nun ist es so weit. Der entscheidende Tritt in meinen Hintern kam in einer Mail, in der unter anderem wörtlich stand: „Ich muss zugeben, das es mich langsam nervt, […] dass der blog […] die reinste netzhautpeitsche ist. können wir da nicht mal was machen?“

Machen wir nun, aber wie das mit diesem billigen WP-Versionen so ist: Ich kann nicht dafür garantieren, dass wir alle Kommentare reibungslos exportiert, importiert und was weiß ich alles kriegen.  Ich weiß das ja nicht mal für meine Beiträge, aber die darf ich ja auch kaputt machen, die sind ja von mir. In jedem Fall: Ich gebe mir Mühe, aber wenn Sie hier kommentiert haben und Ihren Kommentar für sich, die Nachwelt oder einfach nur so erhalten wollen, verlassen Sie sich bitte nicht auf mich, sondern kopieren Sie ihn sich und posten Sie ihn ggf. auf der neuen, strahlenden, verführerisch schönen Oberfläche noch einmal, die Ihnen dieser Blog dann – hoffentlich bald – dafür bieten wird.

Danke!