Filter-Bubble von innen: Ich sag jetzt auch was zu Krautreporter

Wenn meine internen Berechnungen stimmen dürfte irgendwann gestern Nacht der Moment gewesen sein, an dem jeder einzelne Pixel der Krautreporter-Seite in seiner Form, seinem Inhalt und auf einer philosophisch-politischen Ebene kritisiert wurde. Das muss ein Rekord sein!

Ich habe das möglicherweise nicht in allen Einzelheiten verfolgt, aber nach allem, was ich gelesen habe, leidet das Projekt an

 

Ich erhebe hier keinen Anspruch auf Vollzähligkeit. Ich will auch nicht als hundertster untersuchen, welche Kritik berechtigt ist und welche nicht. Ich würde allerdings festhalten wollen: Dem ersten Anschein nach ist das (noch nicht erschienene) Krautreporter-Magazin möglicherweise nicht perfekt.

Dass das für einige viele offenbar einer Katastrophe gleichkommt, liegt offenbar an einem Gedanken, den Thomas Knüwer in die Worte packt

Die Krautreporter stehen, gerade weil bekannte Namen unter ihnen sind, eben auch in der Verantwortung: Wenn sie scheitern, dürfte es auf absehbare Zeit keine, zumindest aber weniger journalistische Projekte ohne Konzernbeteiligung geben.

Und obwohl das ein eher butterweicher Satz ist („dürfte es auf absehbare Zeit […] weniger journalistische Projekte […] geben“ ist jetzt eher kein Katastrophen-Szenario), halte ich ihn – oder vielleicht besser: das Denken, das er (re-)präsentiert – für falsch.

Zum Stand heute haben die Krautreporter trotz aller ihrer möglichen Fehler die Bereitschaft von bisher knapp 6000 Menschen errungen, zusammen 360.000 Euro für Journalismus auszugeben. Das mag gemessen am selbstgesetzten Ziel von 15.000 Unterstützen und 900.000 Euro zu wenig sein – wenn das aber nicht, auch im Fall des möglichen Scheiterns der Krautreporter, noch mehr Journalisten darauf bringt, in absehbarer Zeit mit ihren guten Ideen neue Businessmodelle zu versuchen, dann sind das Problem sicher nicht die Krautreporter, sondern mangelnde Ideen.

Um es mal klar zu sagen: Ich halte Krautreporter für einen riesigen Erfolg.

Da draußen gibt es, nun nachgewiesen, hunderttausende Euro, die gern für guten Journalismus ausgegeben werden wollen. Warum dieser Nachweis ausgerechnet dazu führen soll, dass es in Zukunft weniger Bereitschaft (auf beiden Seiten) zu journalistischen Projekten gibt, ist mir ein Rätsel. Fällt denn niemandem was Geiles ein, das für 300.000 zu machen ist?

Insofern wundert mich die Heilserwartung, die an ein Projekt gehängt wird, das aus meiner Sicht vor allem ein völlig legitimes Experiment ist; Das nicht ohne Konzept antritt, sondern mit einer These: „Guckt mal, was passiert, wenn Journalismus unter okayen Bedingungen gemacht wird – wir glauben nämlich, Ihr werdet das mögen!“ Journalismus-optimierung in relativer Sicherheit und ohne Renditedruck – das reicht unter anderem mir dazu, 60 Euro dafür auszugeben. Per Kreditkarte. Und das, obwohl im Moment weder die vollständige Gleichberechtigung der Frauen noch die proportional faire Berücksichtigung von Journalisten mit Migrationshintergrund sichergestellt sind.

Oder, um es einmal so zu sagen: Ich glaube nicht, dass Krautreporter jemals alles können wird. Ich glaube aber, dass sie bestimmte Sachen ganz besonders gut können werden, und die sind locker die 60 Euro wert. Und ich hoffe, dass Krautreporter nicht das einzige großartige Journalismus-Projekt bleibt, sondern dass da viele folgen – in der Masse dann auch inklusive der Lösung aller Probleme von der Diskriminierung bis zu den Zahlungsmodalitäten.

Zunächst bin ich aber dankbar, dass einer einfach mal angefangen hat.

Wenn Sie mir also bitte folgen wollen, zu den Krautreportern geht es hier entlang. 
 

*PS. Dieser Mann hat sicher recht:

18 Antworten auf „Filter-Bubble von innen: Ich sag jetzt auch was zu Krautreporter“

  1. Natürlich stimmt das alles was Sie hier schreiben. Ich habe Krautreporter auch unterstützt. Es ist eher so ein Gefühl, dass wenn einige dieser oben aufgelisteten Punkte im Voraus angegangen worden wären, ein Erfolg deutlich wahrscheinlicher wäre. Und ich wünsche mir ja einen Erfolg.

  2. Danke. Ich habe dem Projekt zu Beginn auch skeptisch gegenüber gestanden, mich dann recht schnell dazu entschieden, Unterstützer zu werden. GErade weil mich manche Kritikpunkte, bzw. gar nicht so sehr die Kritikpunkte, als vielmehr wie diese Kritik geübt wurde „Sie leben ein falsches Leben, wenn Sie nach Frauen suchen müssen“ oder Hardy Prothmanns unsägliches Geschwafel.
    Einfach mal machen bzw. machen lassen. Wo ist der Verlust?

  3. @mikis: O ha, alter Schwede, chapeau und danke (verweise auf die letzten Kommentare unter AfD/Lucke!)! Mal richtig einen rausgehauen. Finde ich gut. Und kann das alles unterschreiben. Wie auch Knüwer, so schwer mir das fällt. Grüße jokahl

  4. 300.000 € hin oder her. Man könnte auch formulieren: es gibt da draußen (nach derzeitigem Stand) nicht genug Interesse und Geld für profitable/nicht-verlustige eigeninitiative journalistische Projekte.
    Die im Raum stehenden 300.000 € sind ja nicht einfach so bereit gezahlt zu werden, sondern nur für diesen einen Zweck, der aber nunmal 900.000 € braucht. So zu tun, als könnte man bei eventuellem Scheitern mal eben die 300.000 € nehmen und sie auf einen neu zu schaffenden 300.000 € teuren Zweck umlenken programmiert doch nur das nächste (eventuelle) Scheitern vor.

  5. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Jedermann hat mehr journalistische Angebote nicht abonniert als abonniert.
    Bin ich irgend jemandem (in meiner Blase) Rechenschaft schuldig, warum ich die Zeitung X, die Zeitschrift Y oder das Online-Magazin Z nicht abonniert habe?
    Nur weil 28 Journalisten aus der B-Liga einen Bettelkettenbrief starten, ändert sich daran nichts.
    Warum soll ich denen ein besinnungsloses Grundeinkommen spendieren? Einer wie Niggemeier verdient sich schon dumm und dämlich mit seinen bösartigen Kolumnen in FAZ und FAS und sonstwo. Von Recherche hat der noch nie etwas gehört, außer vom Gugeln auf dem Sofa.
    Nein, dieser Unsympath bekommt von mir keinen zusätzlichen Cent. In Journalistenkreisen mag das anders sein. Die zahlen 60 Euro Schutzgeld in der Hoffnung, Niggemeier lässt sie in Ruhe, so dass ihr Google-Ranking keinen Schaden nimmt.
    Mal sehen, ob demnächst einige Niggemeier-Opfer die Löschung der Links zu dem Niggemeier-Blog beantragen.

  6. Sie haben doch auch die Konsequenzen aus der Krise des Journalismus gezogen und sind ein erfolgreicher Olivenhändler geworden. Dabei hätten Sie doch nur hundert Leute davon überzeugen müssen, Ihnen 60 Euro für ein Jahr im Voraus zu schicken.
    Wenn man mit journalistischer Arbeit seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann, muss man sich halt eine andere Arbeit suchen. Wobei die meisten der 28 Krautreporter doch recht gut im journalistischen Geschäft tätig sind, nicht unbedingt in der 1. Liga, aber doch zumeist in der 2. und 3. Liga. Viele der tausend anderen freien Journalisten träumen davon.

  7. @Ferdinand Grantl und Simone Zeisig (sowie alle anderen, die so sind): Warum nur immer so bösartig? Woher der Neid und der Abscheu? Sie sind doch vom möglichen Scheitern oder vom eventuellen Erfolg der Krautreporter gar nicht betroffen. So etwas kann man sich doch einfach als mehr oder weniger Wohlwollender von der Seitenlinie in Ruhe ansehen und gut ist.

  8. @Simone Zeisig: Ich weiss ja nicht genau, wie die Verhältnisse im Norden Deutschlands inzwischen so sind, aber dass man mit 6000 Euro ein Jahr lang durchkommt, wage ich doch zu bezweifeln…

  9. @JMK

    Es ist schon beeindruckend, mit welcher Vehemenz sich Prothmann an das Thema Krautrepoter dranhängt. Ich glaube aber nicht, er will es niederschreiben oder nur kritisieren. Er hat es vielerorts geschafft, sich als DEN begründeten ersten Kritiker zu charaketrisieren und zu positionieren.

    Mit welchem Ziel? Wenn das Projekt scheitert, war es der Journalist Hardy Prothmann, der es vor allen anderen gewusst und profund vertreten hat. Wem nützt dieser selbstlose Einsatz also? Denn eigentlich könnte er sich um seinen eigenen Mist kümmern, mal seinen eigenen Lesern die Transparenz bieten, die er woanders fordert (z.B. bei seiner Solinummer erfährt der Heddesheimblog-Leser nämlich so ganz und gar nichts vom Stand der Dinge) und vor allem könnte er seinen Lesern endlich mal erzählen, was aus den großartigen Recherchen bei dieser Sache wurde: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=783766528330119&set=a.783769331663172.1073741826.292736560766454&type=1

  10. deshalb wundert mich dass er in der Linkliste auftaucht, im Gegensatz zum Rest die ja konstruktive oder zumindest argumentative Kritik üben, poltert Hardy halt rum. Hat ja mit Journalismus nichts zu tun, was er so veranstalte.

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