Fachblatt für Homophobie

Einen Mann im Büro verführen? Wenn junge, attraktive Frauen das machen, dann ist die BILD nicht nur dafür, sie hilft sogar dabei: Unter dem Motto „Lust auf eine Büro-Affäre? Sex-Coach pimpt Business-Mode auf“ erklärt das Fachblatt für Bigotterie

Einen Großteil unserer Zeit verbringen wir am Arbeitsplatz. Es ist also wenig überraschend, dass sich hier Liebes-Beziehungen entwickeln, ein heißer Flirt oder eine Affäre. Der traditionelle Business-Look in dunklen Farben und hoch geschlossene Oberteile sind allerdings alles andere als sexy und wecken kaum die Fantasie der Herren.
BILD hat Sex-Coach Vanessa del Rae gefragt, wie sie den strengen Look auflockern würde. Als Beraterin hat sie häufig mit Klienten aus dem mittleren und gehobenen Management zu tun und kennt deren Vorlieben.

Und natürlich ist das nicht einmal ein Bruchteil der Treffer, den die Suche nach „Sex im Büro“ auf bild.de ergibt. Da hat das Ressort Geifern und Sabbern einiges zu bieten.

Ganz anders ist die Sache natürlich, wenn Sie ein junger, attraktiver Mann sind und einen Mann im Büro verführen.

Dann versucht BILD nämlich alles, um mit Ihrem Privatleben Ihre Karriere zu zerstören.

BAYERISCHER LANDRAT
Sex im Amt
Mehrmals soll Michael Adam (28) einen Liebhaber zum Sex ins Landratsamt gebracht haben. Auch Drogen soll der verheiratete Politiker bei den Treffen konsumiert haben.

In der kompletten Geschichte steht nichts Berichtenswertes, das die Welt etwas anginge. Zur Erinnerung ganz kurz der einschlägige Auszug aus dem Pressekodex:

Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit
Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung.

Mit wem Michael Adam wo schläft hat die Öffentlichkeit nichts anzugehen. Natürlich impliziert BILD, er hätte sein Sexualleben als offen homosexueller Politiker irgendwie öffentlich gemacht („Michael Adam, jung, schwul, evangelisch, gilt als moderner Hoffnungsträger der Bayern-SPD.“), aber dann müsste man im Intimleben eines jeden Politikers herumschnüffeln dürfen, der je seinen Partner irgendwohin mitgenommen hat. Angela Merkel ist doch offen heterosexuell, dann muss man doch auch fragen dürfen, ob sie mit Professor Sauer nicht im Kanzleramt …

Natürlich nicht.

Ich wünschte, es gäbe ein schöneres Wort für diese Ekligkeiten, die BILD treibt und bei seinen Lesern vermutet, als Homophobie. Denn man darf nie vergessen, dass es ja keine Phobie ist, die solche Leute treibt. Sie haben ja nicht vor allem Angst, sie sind vor allem Arschlöcher.

14 Antworten auf „Fachblatt für Homophobie“

  1. Servas aus München;

    Nicht Michael Adam hat die Sex-Affäre öffentlich gemacht – es war der 20jährige, mit dem Adam schon als Landrat zu tun bekam, bevor sie sich auf einer Internet-Plattform für Homo-Treffs verabredeten.
    Ich weiß ja nicht, ob Klaus Wowereit oder Guido Westerwelle oder Ole von Beust ihren Partnern Hörner aufsetzten – und ob sie ihre jeweils aktuelle Flamme mit der Dienst-Limo zu BEGEGNUNGEN in ihren Amtsräumen herankarren ließen.
    Michael Adam hat´s getan – und findet daran auch nix Verwerfliches, weil er sich ja monatlich an den Unterhaltskosten der Landrats-Karrosse beteiligt !
    Sein Amtsvorgänger erpresste jeden, der ihm über den Weg lief und ihn um Unterstützung bat, um Darlehen zur Befriedigung seiner Spielsucht… Michael Adam fährt BürgerInnen schon über´s Maul, wann sie sich die Autokennzeichen ihres früheren Landkreises wünschen (was in anderen bayerischen Kreisen durchaus möglich ist…) und lässt alle Welt mitlesen, wenn er der Tochter eines Discotheken-Betreibers auf seinem Facebook-Account mitteilt, daß sie ihrem Vater ruhig vom Herrn Landrat ausrichten kann, daß er niemanden empfehlen werde, die Disco ihres Vaters zu besuchen, weil dessen Sicherheits-Personal so grob mit den Leuten umgeht! Was man also in einem zurückhaltenderen Ton oder in einem direkten Gespräch viel besser vermitteln könnte, das verteilt Michael Adam mit einer spätpupertären Hau-drauf-Methode ohne Respekt vor seinen Nächsten und ohne viel Rücksicht auf seine eigene Privatsphäre. Die lässt Adam nun umso vehementer von seinem jüngeren Partner und durch seine Fans verteidigen – er selber hat sich von Facebook verabschiedet und hält diese Woche noch Urlaubs-Ruhe mit ausgeschaltetem Handy. Ein Opfer homophober Medien kann jeder anderer sein – Michael Adam ist es nicht. Er ist ein Täter, der sich keiner Schuld bewusst ist – egal, ob er alle Grenzen seines Privatlebens selbst einreisst wenn er Privatunterhaltungen vor aller Augen im Internet zelebriert oder die Möglichkeiten seines Amtes zu seinem Privatvergnügen ausreizt. Mit knapp 30 Lenzen tut er immer noch so, als führe er als Teenager zum verbilligten Tarif oder gar gratis durch die Gegend und müsste sich für nichts verantworten, was er ohne groß nachzudenken so alles vom Stapel lässt oder tut!
    Ich bin leider Gottes 13 Jahre älter und somit noch nach der Spießer-Methode „was Du nicht willst, das man Dir tu´, das füg´ auch keinen anderen zu“ erzogen worden. Ich halte es daher nicht für angebracht, den Leuten als ihr gewählter Landrat schon bei geringsten mir nicht zusagenden Wünschen arrogant-pampig zu kommen; ich führe Privatunterhaltungen mit Vorliebe unter 4 Augen und nicht vor Millionen Zeugen – und ich käme auch nicht in 1000 Jahren auf den Rappel, daß ich mein Privatleben ja mittels der von mir mitfinanzierten Dienst-Limousine bis ins Landratsamt ausweiten kann!

  2. Man kann gerne alles öffentliche Gebaren von Amtsträgern kritisieren. Ihr Intimleben öffentlich machen, weil man sie arrogant findet, darf man nicht.

  3. „Ich bin leider Gottes 13 Jahre älter und somit noch nach der Spießer-Methode “was Du nicht willst, das man Dir tu´, das füg´ auch keinen anderen zu” erzogen worden.“

    Wenn der Verfasser des erstens Kommentars nach diesem Motto lebt verstehe ich nicht, wie man dennoch der Meinung sein kann, der Landrat müsse mit der Kampagne leben, weil er sie verdient habe?
    Für die BILD war der Auslöser der Kampagne der Sex mit einem Mann, alles was in diesem Zusammenhang noch ausgepackt wurde ist doch typisch für dieses Blatt. Da wird- fallunabhängig- aus ein paar bösen Worten gleich „Mobbing“, einem direkten Zitat wird ein stark negatives Verb vorangestellt („er giftete: ‚…‘), aus gewissen Vorzügen Besserverdienender werden Skandale (sein Wagen, 120.000 EUR 320 PS, Ledersitze). Nüchtern betrachtet scheint die Geschichte um den Landrat eine generelle Retourkutsche

  4. Ich habe keine Ahnung, ob Herr Adam genauso korrupt und in Vetterleswirschaften verstrickt ist, wie seine – zumeist – CSU-Vorgänger. Aber er ist schwul- und das reicht offenbar auch 2013 noch aus, von der „Presse“ näher beäugt zu werden. Peinlich.

  5. Hallo Regina,

    es ist vollkommen unerheblich wer der Partner die Geschichte „öffentlich“ gemacht hat – denn eine Plattform muss man dafür in jedem Fall finden. Und DAS ist doch hier das Problem: Warum gibt es für derartige „Veröffentlichungen“ eine Plattform? Nur richtig gewesen wäre, dass eine Zeitung, die dieses Thema vorgelegt bekommt, sagt „Na und?“ und nichts weiter darüber berichtet.

    Er hat die Partner auch nicht „herankarren“ lassen, sondern ist selber gefahren. Und soweit ich mich erinnern kann, ist es vollkommen in Ordnung einen Wagen, den ich dienstlich bekomme, der aber auch zur privaten Nutzung freigegeben ist, bei entsprechender Berechnung, eben auch privat zu nutzen. Wofür ich den dann privat nutze? Das hat sie überhaupt gar nicht zu interessieren. So wie es mich nicht zu interessieren hat, was sie so mit ihrem Auto (oder eben Sexualpartner) machen.

    Und wenn sie mit seinem politischen Diskurs nicht einverstanden sind, ist das die eine Sache – aber ist es denn „verwerflich“ seine politische Meinung als Politiker zu vertreten?
    So wie ich das verstanden hatte, war der Facebook-Post übrigens auch eine Reaktion auf die Werbung, die die Tochter für eben diese Disco gemacht hat – und dann ist es doch wohl nur in Ordnung, da einen Kommentar abzulassen, warum man eben denkt, dass man sich nicht in solch einer Disco aufhalten sollte? Ich kritisiere Werbung auch jeden Tag… Die Tochter hat die persönliche Nähe zu dem Besitzer dazu genutzt, Werbung dafür zu machen. Der Herr Landrat hat diese persönliche Nähe zu dem Besitzer dazu genutzt, eben genau diese Werbung zu kritisieren. Was ist daran verkehrt?
    Und „zurückhaltender Ton“? Gegenüber einer Discothek, bei der es nachweislich immer wieder zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit dem Sicherheitspersonal kommt, die weit über die Strenge schlagen? Vielleicht kennen sie die Geschichte auch nicht zur Gänze – der Landrat hat nämlich sehr wohl versucht, die Discothek ordentlich darauf hinzuweisen, dass man da ein Problem hat (als ob die das nicht auch selber sehe MÜSSEN) – blieb ohne Reaktion. Was folgt? Logisch: Die öffentliche Anprangerung der Missstände. Das ist doch auch i.O.. Im Gegenzug hat die Bild wohl nie versucht, mit dem Mann auch mal direkt zu sprechen und die Hintergründe aufzudecken (was übrigens so oder so aber verwerflich ist – sie vergleichen hier einen öffentlichen Missstand mit einem Detail aus der Privatssphäre). Denn offensichtlich war der Wählerschaft durchaus bewusst, was der Hr. Landrat tut – hier von einem Skandal sprechen zu wollen ist schlicht und ergreifend lächerlich.

    „ohne Respekt vor seinem Nächsten“? Wäre das nicht vielmehr das „Nichtstun“ gewesen? Das Schweigen gegenüber den Bürgern, die er vertritt, was dort in dieser Discothek so ab geht?

    Sie scheinen sich auch ordentlich auf das Thema mit der Limo eingeschossen zu haben – was ehrlich gesagt idiotisch ist. Wie viele Menschen besitzen ein dienstliches Fahrzeug und nutzen dieses auch privat, um damit beispielsweise den Freund/die Freundin oder auch den Geschlechtspartner/die Geschlechtspartnerin zum Essen zu fahren? Oder in den Urlaub? Oder eben zu Punkt X, wo man ggf. auch sexuellen Vergnügungen nachgeht?
    Sie kennen die Definition von „privat“? Anderweitig kann ich mir nicht erklären, dass sie so auf dem Umstand rumhacken, dass der Mann sein Auto eben PRIVAT nutzt – was absolut legitim und entsprechend abgegolten ist.

    Als ich damals noch jünger war , hat mein Vater ebenfalls ein Dienstfahrzeug bekommen, dass er privat mitnutzen durfte (bei entsprechender Abgeltung). Ist es nun auch verwerflich, dass er mit unserer gesamten Familie damit in den Urlaub gefahren ist? Oder ist das vielmehr Bestandteil seines Gehaltes, dass er sich mit seiner Arbeit jeden Tag verdient hat?

  6. @Servas:

    „Ein Opfer homophober Medien kann jeder anderer sein – Michael Adam ist es nicht. Er ist ein Täter, der sich keiner Schuld bewusst ist“

    Würden Sie mir und allen anderen begriffstutzigen Menschen erklären, inwiefern sich Herr Adam durch Sex im Büro „SCHULDIG“ gemacht hat und zum „TÄTER“ wurde?

  7. Wenn Herr Prof. Sauer an die BILD herantreten würde, um mal ein paar ganz pikante Details aus dem Privatleben der Angela M. publik zu machen… natürlich würde das gedruckt. Ein Buchdeal in Gütersloh wär‘ auch drin, vorausgesetzt das Tell-it-all hätte genug Fleisch zu bieten, welches man der Menge hinwerfen kann.

    Also, amüsanter Vergleich, Herr Pantelouris, seh ich aber anders.

    Und Homophobie? Naja, geht wohl eher um den „Skandälchen“-Faktor, Koks & (weibliche) Nutten hättens auch getan statt Poppers & Fastfood-Fick von Gayromeo/Grindr/whatever.

    Ist zwar etwas unappetitlich, dass Klein-Adam nach Ladenschluss das Landratsamt in dieser Weise privat nutzt, das war’s dann aber auch schon. Sollte natürlich nicht von öffentlichem Interesse sein, aber der Mensch als solcher menschelt halt furchtbar oft. Wenn die progressive Linke es ihm nur endlich mal aberziehen könnte…

    In Herr Adams Richtung sei gesagt: Chin up, buttercup! Nächste Woche wird ’ne andre Sau durchs Dorf gejagt, don’t you worry…

  8. Wieso wurde über Herrn Seehofers Privatleben berichtet?
    Fanden Sie das richtig, Herr Pantelouris?
    Haben Sie auch dagegen einen Artikel geschrieben?

  9. Missachtung der Privatsphäre? – Sicher! (Das kennt man ja) Aber homophob? – Eher nicht! Ein Linker Landrat in Thüringen, der sich mit einer Herzensdame in seinen Diensträumen vergnügt, würde von „Bild“ höchstwahrscheinlich in ganz ähnlicher Weise bloßgestellt. Das wäre aber wohl kaum heterophob zu nennen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.