Dummes Volk?

Es ist ohnehin auf eine dunkle Art faszinierend, welchen Phantomschmerz der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg auslöst, aber am faszinierendsten – und auch am traurigsten – finde ich die Tendenz, mit der auch heute, wo die Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Anhängern erröteten Barons längst eindeutig entschieden ist, eine fatale Meinung vertreten wird: Wer heute noch zu dem ehemaligen Verteidigungsminister steht, muss in den Augen vieler, auch Medienschaffender, ganz offensichtlich dumm sein. Man liest, hört und sieht diese Haltung an vielen Stellen, vornehmlich in den Kommentarspalten, aber zwischen den Zeilen auch bei Kommentatoren. Das Volk hat sich nach Meinung vieler von dem Mann blenden lassen, es ist einfach nicht klug oder schlau genug, seinen Schwindel zu durchschauen. Abgesehen davon, dass mich die Arroganz dieser Haltung ankotzt, ist die Schlussfolgerung auch – dumm.

Die Wahrheit ist sehr einfach, es gibt unter denen, die sich überhaupt für den Vorgang interessieren, nur drei Gruppen: Diejenigen, die KTzG sowieso nicht mochten, diejenigen, denen sein Vergehen so schwer aufgestoßen ist, dass sie ihn unabhängig von Sympathie nicht mehr in diesem verantwortungsvollen, auch würdevollen Amt haben wollten und diejenigen, die ihn ohne Wenn und Aber sowieso geliebt haben. Über die reden wir hier. Sie mögen ihn und vertrauen ihm. Das ist nicht naiv, sondern Voraussetzung für Demokratie: Um zu wählen müssen wir vertrauen. Und wir vertrauen lieber denen, die wir mögen. Das klingt zu einfach, aber es ist so: Grundsätzlich reicht Sympathie in einer Demokratie, um in ein Amt gewählt zu werden, und trotzdem haben es Populisten in diesem Land (mit einigen unrühmlichen Ausnahmen in meiner geliebten Heimatstadt Hamburg) nicht besonders leicht, in die Parlamente zu gelangen. Die Wähler sind nicht dumm. Plötzlich einen großen Teil der Bevölkerung für dumm zu halten, weil sie an einem Betrüger Qualitäten sieht, die einen Verbleib im Amt trotz seines Betruges für richtig halten, ist sehr kurz gesprungen. Es bedeutet vor allem, dass man sich vor einer echten Analyse drückt. Warum stehen so viele immer noch zu dem Lügenbaron?

Da ist zum einen sein Vergehen, das von vielen als nichtig betrachtet wird. Und das ist nicht unverständlich. Ich bin beeindruckt von der geballten Aktion der wissenschaftlichen Community, die letztlich zu KTzGs Sturz geführt hat, und ich halte ganz persönlich selbstverständlich sein Plagiat und die Lügen in der Folge für schwerwiegend und für einen Rücktrittsgrund. Aber muss man dumm sein, um das anders zu sehen?

Das Plagiat an sich ist ein Verbrechen ohne Opfer, dessen Schwere für Menschen, die nicht direkt mit der Materie zu tun haben, schwer vermittelbar ist. Um ein schräges Beispiel zu bemühen: Es hat eine ganze Weile gedauert, bis sich die Rechtsprechung auch in Deutschland dazu durchgerungen hat, zum Beispiel den Vertrieb gefälschter Uhren zu verurteilen, bei denen jedem klar war, dass sie falsch sind. Denn wenn jemand, nennen wir ihn O., in Bangkok eine gefälschte Rolex für 20 Dollar bei einem Straßenhändler kauft, dann entsteht ihm kein Schaden. Er weiß ja, dass sie falsch ist. Auch Rolex entsteht kein materieller Schaden, denn der O., der für 20 Dollar eine falsche Uhr kauft, verzichtet garantiert nicht deshalb auf den Kauf einer echten. Was also ist das Verbrechen?

Das Verbrechen ist, dass alle Beteiligten das geistige Eigentum am Design und dem Logo von Rolex verletzt haben. Das kann (und aus meiner Sicht auch: sollte) man schlimm finden. Aber mal ehrlich: pffft? Ich könnte O. trotz seines Vergehens mögen. Genau wie die von KTzG zitierten Autoren zu Recht beleidigt sein können, denn er hat sich an ihrem geistigen Eigentum vergriffen. Und er hat es in einer gewerbsmäßigen Größenordnung gemacht. Das ist strafbar, unehrlich und schmierig. Aber ich kann zumindest nachvollziehen, dass nicht jeder es für so ein ernstes Vergehen hält, wie ich das tue.

Außerdem hat Guttenberg eine falsche Ehrenerklärung abgegeben und seinen Doktorvater nach Strich und Faden belogen. Auch das finde ich furchtbar bis an den Rand des Fremdschämens. Auch das ist für mich ein Rücktrittsgrund für einen Minister. Aber was entgegne ich jemandem, der findet, dass ein langjähriges Betrügen der Ehefrau damit im Prinzip vergleichbar ist? Das fände ich nämlich auf der anderen Seite keinen Rücktrittsgrund, obwohl mir als Begründung gerade nicht mehr einfällt, als dass Seitensprünge Privatsache sind. So ganz entkräftet das den Einwurf aber zugegebenerweise nicht, denn auch Seitensprünge sagen etwas über den Charakter und das Einhalten von Ehrenworten. In seiner Funktion als Minister fühlten sich viele aber offensichtlich von Guttenberg durch sein Erschleichen eines Doktortitels so wenig getäuscht wie von einem, der in seinem Privatleben fremdgeht. Man könnte bis hierher sagen: Ja, er hat gelogen, aber er hat mich nicht belogen. Das macht einen Unterschied.

Drittens muss sich der Träger der falschen Rolex (und in gesteigerter Weise der Träger eines falschen Titels) den Vorwurf gefallen lassen, er sei ein Blender. Natürlich ist er das. Er schmückt sich mit etwas, das er nicht verdient hat. Er versucht, mehr darzustellen, als er ist. Das ist kein einnehmender Zug, es ist sogar meist ganz schön armselig. Aber die Unterstellung, die Anhänger von KTzG würden auf sein Blendwerk hereinfallen, obwohl es doch schon enttarnt war, blendet ihrerseits eine Möglichkeit ganz einfach aus: Auch wenn man das Blendwerk abzieht kann bei einem Menschen noch genug übrig bleiben, das man lieben kann. Ganz offensichtlich haben viele Menschen das Gefühl gehabt, KTzG hätte irgendwann früher auf dem Weg nach oben zum Mittel der Blendung gegriffen, hätte aber hier und heute genügend eigene Größe, um Minister zu sein. Seien wir für einen Moment mal realistisch und erinnern uns an Guttenbergs Einstieg ins Kabinett, als er sich wie ein Gockel posierend auf dem Times Square fotografieren ließ – glaubt irgendjemand tatsächlich, dass es in diesem Land jemanden gibt, der nicht von Anfang an auch ein gutes Stück Eitelkeit und ein gutes Stück Blendwerk in KTzG erkannt hat? Bei einem Mann mit so einer Frisur? Also bitte, natürlich wusste jeder, dass der Typ auch ein Blender ist. Darüber sollten die Leute sich nun aufregen? Haben sie nicht. Sie haben dabei sicher nicht in Betracht gezogen, welchen Schatten das trotzdem auf die Wissenschaft an sich geworfen hätte, und den meisten Menschen ist die Wissenschaft an sich wahrscheinlich auch keine echte Herzensangelegenheit – aber das ist, ehrlich gesagt, auch ihr gutes Recht. Schlimm finde ich diese Einstellung vor allem von Frau Doktor Merkel und ihren schamlosen Kumpanen.

Und es bleiben Guttenbergs Lügen, das scheibchenweise fast Zugeben, das Lavieren und die rhetorischen Spielchen rund um das Wichtigere und die toten Soldaten. Allerdings glaube ich, dass wer bis hierhin zu KTzG gehalten hatte, sich festgelegt hatte, und es von nun an nur noch darum ging, die einmal gefundene Überzeugung mit irgendetwas zu untermauern, was sich wie ein Argument anfühlte. Denn natürlich ist „Haben wir denn keine wichtigeren Probleme in Deutschland“ kein Argument – oder wenn, dann eines gegen praktisch alles. Dann könnten wir über gar nichts mehr reden. Aber man darf dabei eines auch nicht übersehen: KTzG hat bis heute den in seiner Dissertation wohl eindeutig erkennbaren Vorsatz zur Täuschung zwar nicht gestanden und sich dafür nicht entschuldigt, aber er hat gleichzeitig pausenlos irgendetwas gestanden und sich geradezu gebetsmühlenartig für irgendetwas entschuldigt. Aus Sicht der Kritiker, auch aus meiner, war das ein rein taktischer Zug und im Zuge seiner Verteidigung eigentlich dafür gedacht, am Ende eben nicht zurücktreten zu müssen. Aber ist es wirklich so schwer verständlich, dass Menschen, die sehen, dass ihr Idol sich pausenlos entschuldigt, irgendwann genervt sind von dem Anwurf, dass er sich aber bitte endlich für etwas anderes entschuldigen soll? Ich glaube, hier hat der Ton die Musik gemacht, und auch wenn die Noten formal korrekt waren, hatten die Töne der Kritik oft einen kreischenden Klang.

Langer Rede kurzer Sinn: Man konnte auch ohne dumm zu sein einen Weg finden, weiterhin Guttenberg im Amt zu wollen – man musste es allerdings sehr wollen. Ich habe an dieser Stelle schon einmal aufgezählt, was Guttenberg aus meiner Sicht so erfolgreich (und auch gefährlich) gemacht hat, warum Menschen ihn also so sehr wollten. Aber eins muss ich hinzufügen, und zwar als einer, der ihn niemals wollte: Er ist weg, weil er schwere Fehler gemacht hat. Aber das heißt leider nicht, dass ich, dass wir, die wir ihn nie wollten, in allem Recht hatten. Ich hätte ihn wirklich lieber für seine Politik drangekriegt.

36 Antworten auf „Dummes Volk?“

  1. jetzt hat der Browser meinen Text gelöscht, weil ich vergessen hatte die E-Mail einzutragen und auf Absenden gedrückt habe..
    Nun eben nochmal in Kurzform:

    Du schreibst:
    „Aber die Unterstellung, die Anhänger von KTzG würden auf sein Blendwerk hereinfallen, obwohl es doch schon enttarnt war, blendet ihrerseits eine Möglichkeit ganz einfach aus: “
    Aber ist das Blendwerk wirklich enttarnt? Guttenberg vollführt bis zum Schlusse einen Eiertanz um den Vorwurf a) einen Ghostwriter engagiert zu haben oder b) bewusst gestohlen zu haben.

    „Auch wenn man das Blendwerk abzieht kann bei einem Menschen noch genug übrig bleiben, das man lieben kann. “
    Du sprichst ja selbst seine politischen Fehler an, und ich stimme voll zu, dass man ihn schon dafür zur Rede hätte stellen müssen. Aber bei dieser Betrachtung schreibst du jedem deutschen Bundesbürger deine Fähigkeit zu, die politisch-mediale Fassade zu durchschauen. Wäre dem so, bräuchten wir keine Journalisten wie dich.

  2. Du hast aber zeitgleich auch einen Aspekt angesprochen, den ich viel schwerwiegender finde:

    Menschen regen sich über die Dummheit, sprich Uninformiertheit, anderer Menschen auf. Sie tun das nicht irgendwo, sie tun das in den Kommentarspalten von Zeitungen und Magazinen.
    Es sind also Journalisten, die sich darüber aufregen, dass ihre Leser schlecht informiert sind.

    Dieses Selbstverständnis mancher Medienschaffender ist doch der Grund für die (im Vergleich zu früher) katastrophalen Verkaufszahlen einiger Zeitungen.

  3. Vielleicht sollten man die Menschen, die Guttenberg immer noch unterstützen nicht als dämlich bezeichnen. In jedem Fall zeigen sie jedoch Anzeichen einer gewissen Schizophrenie.

    Wenn man Gutterberg einerseits dafür mag, dass er vermeintlich einen anderen Politiker-Typus verkörpert hat, der für Gradlinigkeit und Integrität steht, dann sollte man ihn auch daran messen. Stattdessen aber wird er von einer gewissen Klientel immer noch unterstützt, obwohl er diese von ihm selbst propagierten Ideale durch seinen offensichtlichen Betrug und seinen öffentlichen Umgang damit mit Füßen getreten hat.

    Dies zeigt, dass ausgerechnet die Menschen, welche durch ihn wieder einen Zugang zu Politik gefunden haben, weil er anders zu sein schien und vorgab dies zu sein, scheinbar kein Problem damit haben, dass er dem ganzen Land ins Gesicht lügt.

    Dies und seine fragwürdigen „Leistungen“ im Zusammenhang mit Kundus, Gorch Fock und weiteren Themen zeigen, dass es richtig war, dass dieser Mann aus der Politik verschwunden ist.

  4. Lieber Mikis,

    Deine Feststellung, dass Leute, die anders über die Cause Guttenberg denken, deswegen nicht automatisch dumm sind, gilt natürlich sowohl im speziellen Fall wie im allgemeinen, und ebenso gilt, dass Leute, die zur gleichen Meinung kommen wie man selbst (dass es gut ist, dass Guttenberg abgetreten ist), zu diesem Schluss nicht notwendigerweise durch kluge, die Fakten und Prinzipien abklopfende Analyse gekommen sind, sondern möglicherweise tatsächlich dem Zerrbild entsprechen, was einige Guttenberg-Fans den Guttenberg-Gegnern unterstellen.

    Nur: Diese „klugen“ Guttenberg-Unterstützer, sofern es sie tatsächlich gibt, spielen in der öffentlichen Debatte praktisch keine Rolle. Ich habe in den letzten Wochen wirklich einige Debatten mit guten Freunden und flüchtigen Bekannten geführt und einige Straßenumfragen aus den Medien vernommen: Die „Argumente“, mit denen Guttenberg dort verteidigt wird, sind meist objektiv (!) widerlegt (z.B. „so ein ehrlicher Politiker, so bodenständig“; „das ist doch nur wie in der Schule abschreiben“), es wird die Narrative der CDU/CSU-Spin-Doktoren und der BILD-Zeitung 1:1 widergekaut („er hat sich doch bei den Professoren entschuldigt und deren Ehre wiederhergestellt“, „es geht doch nur um Fußnoten!“), es wird völlig an der Sache vorbeigeredet („Merkel wollte ihn schon immer loswerden“, „Die waren doch alle neidisch“), sie zeugen von völliger Unkenntnis des Sachverhalts, oder, und das finde ich fast am schlimmsten, sie lassen eine Haltung à la „Die Politiker sind doch alle korrupte Betrüger und Gauner; der Guttenberg war doch noch einer der ehrlicheren“ durchscheinen.

    Egal ob Parlament, Presse, Talkshow oder Straße: Der kluge Pro-Guttenberg-Kommentar, so es ihn den geben sollte, fehlt. Ich bezweifle, dass es ihn überhaupt gibt.

    Das gilt auch für Deine Argumente. „Das Plagiat an sich ist ein Verbrechen ohne Opfer.“ Falsch, Opfer sind z.B. die, die versuchen, ihren Titel oder ihren Lebensunterhalt durch ehrliche geistige Arbeit zu verdienen. Oder die, die darauf vertrauen, dass der Titel des Gegenübers echt ist. Oder: „Auch wenn man das Blendwerk abzieht kann bei einem Menschen noch genug übrig bleiben, das man lieben kann.“ Das ist prinzipiell richtig; damit man etwas Negatives abziehen kann, muss man das Abzuziehende aber zuvor benennen und anerkennen. Und das ist bis heute weder bei Guttenberg noch beim Gros seiner Fans geschehen. „Aber ist es wirklich so schwer verständlich, dass Menschen, die sehen, dass ihr Idol sich pausenlos entschuldigt, irgendwann genervt sind von dem Anwurf, dass er sich aber bitte endlich für etwas anderes entschuldigen soll?“ Das sich Herr Guttenberg pausenlos entschuldigen musste (ob er das denn getan hat, lass ich jetzt mal dahingestellt), liegt vor allem daran, dass er immer nur das zugegeben hat, was er selbst vor seinen eigenen Anhängern nicht mehr verleugnen konnte, und sich damit dem sich kritischeren Teil der Öffentlichkeit schon im Augenblick der Entschuldigung als erneuter Lügner offenbarte.

    Aber nur weil ich Deine Argumente nicht teile, halte ich Dich natürlich nicht für dumm. Im Gegenteil!

  5. Leider gehen in dem etwas zu langen Text die beiden wichtigsten Sätze fast ein bisschen unter: „Um zu wählen müssen wir vertrauen. Und wir vertrauen lieber denen, die wir mögen.“
    Dem kann ich rundum zustimmen.
    Ich hab mit den „Sprengsatz-Link“, den ich unter dem anderen Beitrag gepostet habe noch einmal genauer angeschaut und ich stimme Dir zu, dass man bei manchen Kommentatoren den Eindruck hat, sie halten die Leute für dumm. Ich tue das nicht. Ich finde es auch nicht verwerflich, dass die Leute an einem einmal gefundenen Idol festhalten, obwohl ich nicht glaube, dass Guttenberg ein Idol für die Leute ist.
    Trotzdem frage ich mich, warum Leute sich eben gerade so jemanden wie Guttenberg als denjenigen aussuchen, den sie gegen die Anwürfe der Medien verteidigen müssen. Ich habe den von Dir verlinkten Text gelesen, aber er erklärt für mich trotzdem dieses Phänomen nicht. Wieso zum Beispiel, wenn „Sich-an-die-Regeln-halten“ so wichtig ist, wird ein Übertreten dieser Regeln Guttenberg sofort verziehen?

    Ich habe den Eindruck, dass das alles auch mit unserer medialisierten Welt zu tun hat, in der der Fernseher und die Leute, die darin vorkommen, eben auch das soziale Umfeld der Menschen bilden.
    Ein Politiker, vor allem wenn er wie Guttenberg sich eher wie ein Popstar verkauft, gehört dann ein bisschen zur erweiterten Familie, zur Sippe.
    Man sieht ihn jeden Abend im Fernsehen, öfter als die Nachbarn, öfter als die eigenen Eltern, als die eigenen Kinder, als die Geschwister oder vielleicht sogar öfter als die Freunde. Dann liest man auch noch nette oder tolle Sachen über ihn. Sieht schöne Fotos von ihm und seiner Frau. Man unterhält sich mit seinen Nachbarn über ihn, oder mit seinen Freunden. Guttenberg gehört dazu, genau so wie Günter Jauch, dieser nette Automechaniker aus der Daily Soap oder Angelina Jolie und Brad Pitt. Gerade in dem Moment, in dem ich einen Politiker eben nicht mehr als Funktionsträger sehe sondern (zu) viel auch über sein Privatleben erfahre: Wie und wo er aufgewachsen ist, wer seine Eltern sind, wie seine Frau aussieht, wie sie zueinander stehen, was seine Hobbys sind usw., usw., usw. wird er eben eher zu so etwas wie einem guten Bekannten.
    Und wenn man ihn dann erst mal in seine erweiterte Sippe, in die individuelle „mediale Dorfgemeinschaft“ integriert hat, dann verteidigt man ihn auch gegen Angriffe, die „von außen“ kommen. Vor allem wenn einem nicht ganz klar ist, worin genau jetzt eigentlich sein Fehlverhalten bestanden hat (und das ist in diesem Fall wirklich nicht so einfach zu verstehen, wenn man nicht selbst irgendwann so eine Arbeit geschrieben hat und sich die Beweise für seine Schummeleien selbst zu Gemüte geführt hat).
    Ich finde daran nichts Dummes. Ich finde den Kern der Sache, dass man Menschen verteidigt, die einem irgendwie nahe stehen, gut.
    Ich habe aber auch den Eindruck, dass dieser positive Schutz hier jemandem gewährt wird, der ihn nicht verdient hat. Der nicht die guten Absichten hat, die man ihm, weil er ja zum eigenen „medialen Dorf“ gehört unterstellt. Und das stört mich.

  6. Wer Guttenberg jetzt noch anbetet (und ich benutze diesen Terminus ganz gezielt), blendet ganz bewusst aus, dass Guttenberg einfach nur zum persönlichen Vorteil, aus Eitelkeit und Faulheit gelogen, betrogen und getäuscht hat.
    Dass er gerade die Sorte Politiker, die zu sein er immer für sich in Anspruch genommen hat, eben nicht ist.

    Es gibt nun einmal keinen Weg, Guttenberg noch ernsthaft zu verteidigen, ohne dabei grundlegende Teile seines Gehirns (wie beispielsweise den Teil für logisches Denken) kurzzuschließen.

    Mir persönlich jagen Leute, die so bereitwillig einem geschickten Demagogen, Volksverführer und Blender hinterherdackeln, eine Heidenangst ein.
    Diese völlig kritikresistente, undifferenzierte Verehrung… ein wenig erinnert es mich an die Sage vom Rattenfänger von Hameln.

  7. Natürlich hat Guttenberg niemanden aus der fraglichen Gruppe direkt belogen (wenn man von Wahlwerbung mit dem Doktortitel absieht). Darauf kommt es aber auch gar nicht an.

    Guttenberg hat nämlich das Parlament belogen, dessen Aufgabe es ist, ihn als Teil der Exekutive zu kontrollieren. Und das ist gerade bei einem Verteidigungsminister eine fundamental wichtige Aufgabe.

    Und wer zu dieser Abstraktion des relevanten Objekts des Belügens nicht in der Lage ist – den nenne ich allerdings „dumm“. Wenn ich es freundlich ausdrücken möchte.

  8. hi 🙂
    ich finde ihre seite wirklich toll und erstaunlicherweise vertreten sie zu 90% die selbe meinung wie ich.

    respekt und danke für die ganze muehe !

  9. So sehr ich deine Meinungsstärke in diesem (etwas langen) Text achte, Michalis, ich kann dir nicht so ganz recht geben.

    1. Generell ist es sicher schwierig, andere als „dumm“ zu bezeichnen. Aber die Entzauberung des Guttenberg war eine gesellschaftsübergreifende Metamophose. Plötzlich hat einer gemerkt, dass der Kaiser keine Kleider trägt. Sicherlich fanden nicht wenige der Kommentatoren ihn selber früher geil. Dank der Doktoraffäre fiel ein wesentlich strengerer, realistischerer Blick auf seine politische Arbeit. Also ich persönlich habe die Berichterstattung nicht so („dumme Menschen“) wahrgenommen, das heißt aber nix. Aber ich denke jedoch, es ist auch Job eines politischen Kommentators, unbequeme, unpopuläre Meinungen zu äußern. Eben kein Populismus.

    2. Stimme des Volkes, a, Du sprichst hier von Vertrauen, richtig. Aber mal ehrlich, war die Gunst gegenüber Guttenberg ein Stück weit mehr Beliebtheits- und Sympathiebedingt. Voschußvertrauen wofür? Erstens ist der Mann ein Medienprofi, der seine Auftritte gerade in Richtung „Vertrauenswürde“ gelenkt hat, und zweitens hat er dies mit der Doktor-Geschichte eindeutig verspielt.

    3. Stimme des Volkes b, Ich habe einige Pro-Äußerungen an der Glotze oder in der „Bild“ vom Otto Normalverbracher gelesen, wo die Verfehlung auf die Doktoraffäre reduziert wurde. Das fand ich sehr interessant: Da war gern mal von „das bisschen Doktor“ oder „die schreiben doch alle ab“ etc die Rede. In der Diskussion wurden von der „Bild“ gezielt Resentiments und Abfälligkeiten gegenüber dem Intellektualismus geschürt. Die machen doch eh keine gescheite Arbeit, was wissen denn die. Das hat so eine Volkstribuneske Anbiederung, die übrigens – bitte nicht als direkten Vergeich verstehen – schon die Nazis gezielt einsetzten.

    4. Plagiat ist definitiv kein Verbrechen ohne Opfer – das Beispiel mit der falschen Rolex hinkt enorm.
    Ich könnte sagen: Wenn ein fauler Redakteur von einem feinen Text vom fleißigen Autor Panteluris abschreibt, dieser dies aber nicht merkt, dann tut das dem Panteluris nicht weh. Zustimmung? Mag sein, dass es ihm oberflächlich nicht weh tut, aber der faule Redakteur bringt den fleißigen Autor um die Früchte seiner Arbeit, seien die nun Ehre oder Geld. Oder?

    Das ist jetzt von mir keine Plädoyer für oder gegen Guttenberg. Ich finde es auch in Ordnung, wenn jemand in zurück will. Aber ich habe die Diskussion einfach nicht so wahrgenommen wie du.

    @Nils: Ich zitiere dich:
    „Dieses Selbstverständnis mancher Medienschaffender ist doch der Grund für die (im Vergleich zu früher) katastrophalen Verkaufszahlen einiger Zeitungen.“
    Ich weiss nicht, wie sehr und wie lange du dich mit dem Thema Medien beschäftigst, aber das ist Käse, was du da erzählst.

  10. Leute die ihre „Lichtgestalt“, zu dem die Medien (allen voran die BILD) ihn gemacht haben „lieben“ bzw. „anhimmeln“, sind natürlich nicht automatisch pauschal dumm.

    Es ist aber so, daß es nicht einen Befürworter gibt (zumindest ist mir in all den Diskussionen noch keiner begegnet), der stichhaltige Argumente für Guttenberg nennen konnte. JEDER käut nur die von Freiwild (#4) aufgezählten objektiv bereits widerlegten „Argumente“ wieder. Und ausnahmslos alle sind nicht bereit, diese Argumente anzunehmen, oder sie tun sie als „unwichtig“ ab. Ich kann diese Sichtweise auch durchaus verstehen.

    Was interessiert mich als Bauarbeiter, ob die Person, die ich verehre nun ein „Dr.“ vor dem Namen hat oder nicht?

    Es ist schlicht und ergreifend Desinteresse. Sämtliche objektiven Sachargumente prallen am Großteil der Befürworter ab: „interessiert mich nicht“.
    Der Großteil ist offenbar nicht in der Lage, die Tragweite der Verfehlungen zu erkennen. Sie wollen das auch gar nicht. Weil es sie nicht interessiert.
    Genau hier kommt dann aber der Begriff „Dummheit“ ins Spiel. Der Horizont der meisten Befürworter ist bei den meisten nicht ausreichend, die gesellschaftliche und politische Tragweite der Vorkommnisse der letzten Wochen zu erfassen. Selbst wenn er es bei einigen definitiv wäre – es interessiert sie nicht.

    Eben dieses Desinteresse kann man als ‚dumm‘ ansehen.

  11. Vorweg: Vielen Dank für die vielen spannenden Kommentare!

    Ich versuche, wahrscheinlich fahrlässig, ein paar Argumentationsstränge zusammenzufassen, und meine Meinung dazu zu sagen.

    Da ist zum einen der Hinweis, durch die Plagiatsaffäre wäre KTzG quasi „objektiv“ widerlegt und als Lügner bloßgestellt, erst recht durch seine Aussagen danach, und das stimmt aus meiner Sicht, deshalb nenne ich ihn auch Lügner und Betrüger. Ich glaube nur, dass es in diesem Fall so etwas wie Objektivität nicht gibt. Objektiv sind wir wahrscheinlich alle Lügner, und die Fragen, die sich aus Guttenbergs Betrug ergeben, sind: War der Betrug so schwer wiegend, dass er deshalb zurücktreten musste (ich glaube, ja) und war der Betrug von einer Art, die vermuten lässt, dass Lug und Betrug quasi ein Wesenszug von ihm sind (ich fürchte auch hier, ja)? Beides sind subjektive Bewertungen von mir, die viele teilen, in beiden Fällen aber viele eben auch nicht. Es geht hierbei um die Bewertung von Handlungen und um die Rückschlüsse, die sie auf Personen zulassen. Es hat sich die Bewertung durchgesetzt, dass er so nicht Minister sein kann, und das ist aus meiner Sicht selbstverständlich. Aber die Bewertung richtet sich ja in Wahrheit auf zwei Dinge: Was ist die Strafe für seine Handlung? Und wie weit reicht unsere Bewertung der Handlung in die Zukunft? Glauben wir also, dass er wieder lügen wird, weil er eben ein enttarnter Lügner ist? Die Antworten darauf fallen extrem unterschiedlich aus, je nachdem, wie jemand zu der Person KTzG steht, und ich habe zwar eine eindeutige Haltung dazu, aber ich verstehe es eben auch, dass Menschen da Spielraum sehen.

    Ein zweiter Einwurf bezieht sich auf meine Behauptung, dass das Plagiat ein Verbrechen ohne Opfer ist. Und natürlich ist das eine sehr enge These, die auf Guttenberg an vielen Punkten nicht zutrifft, weil sein betrogener Doktorvater zum Beispiel eindeutig ein Opfer ist, der sein Lebenswerk angegriffen sehen muss. Aber er ist Opfer einer menschlichen Enttäuschung, nicht Opfer im Sinne eines materiellen körperlichen oder finanziellen Schadens. Das Plagiat selber bleibt trotzdem so schwer fassbar, wie ich es beschrieben habe. Nehmen wir das Beispiel aus den Kommentaren, dass jemand einen veröffentlichten Text von mir klaut und als seinen ausgibt. Es würde mich irgendwie beleidigen, ich wäre sauer, sicher zu Recht, aber meine Situation würde sich dadurch ja nur in dem unwahrscheinlichen Fall verändern, wenn jemand meinen Text zum Abdruck einer Publikation verkauft, der ich ihn sonst verkaufen könnte – analog wäre der materielle Schaden entstanden, wenn Guttenberg die zitierten Textstellen dadurch schwerer verkäuflich gemacht hätte. Das ist nicht der Fall. Wir verteidigen hier ein Rechtsprinzip, das außerhalb einer direkten wirtschaftlichen Konkurrenzsituation (ich baue ein Produkt nach und verkaufe es), also zum Beispiel im Bereich der Wissenschaft und der Kultur, vor allem die intellektuelle Redlichkeit verteidigt – und damit sind wir bei Helene Hegemann, wegen der ja Airen nicht weniger Bücher verkauft hat. Wie gesagt: Ich fand es auch bei ihr schlimm. Viele aber nicht, ohne, dass sie deshalb dümmer sind als ich.

    Und drittens gibt es viele kluge Stimmen, die eine Art Kampagne des Anti-Intellektualismus hinter der erstaunlichen Energie der KTzG-Fans erkennen. Und ohne in diesem da ins Detail gehen zu wollen, möchte ich bitte auf ein Prinzip hinweisen, das hier gefährlich außer Kraft gesetzt wird: Im Zuge dieser Diskussion scheint es eine Matrix zu geben, die sagt, Intellektualismus sei der Urteilsfähigkeit der Nicht-Intellektuellen überlegen. Diese Unterscheidung findet sich aber in unserem politischen System nicht. Kein Wähler muss einen Intellektuellen fragen, wen er wählen soll. Jede Stimme zählt gleich viel, und das hat eine innere Logik, die bestechend ist. Es wird nämlich immer wieder, auch von uns Journalisten, so getan, als wäre Politik etwas, dass die da oben tun und das wir von hier unten beobachten. So wird im Moment mit jeder Art von Argument zu belegen versucht, dass das Wort vom großen politischen Talent Guttenbergs eine Legende ist, weil er faktisch kein einziges vernünftiges Ergebnis vorzuweisen hat (was aus meiner Sicht stimmt). Ich glaube aber, das geht sämtlich von nicht tragfähigen Definitionen von Politik aus. Politik ist aus meiner Sicht die Kunst, Mehrheiten für Entscheidungen zu organisieren. Welches die richtige Entscheidung ist, welche wirtschaftspolitische Entscheidung zum Beispiel in einer bestimmten Situation die erfolgversprechendere ist, das zu erarbeiten ist Aufgabe von Experten, von Wissenschaftlern usw. Aber die Mehrheit für diese Entscheidung zu organisieren, die ja weit gehend von einer Ideologie oder im besseren Fall einem Ideal getragen wird, das ist Politik. Und das KTzG Mehrheiten organisieren und hinter sich versammeln konnte, steht wohl völlig außer Frage. Er war das größte politische Talent unserer Zeit, das kann ich anerkennen, obwohl ich auf einer ganz anderen Seite stehe und die Inhalte seiner Politik ziemlich durchgehend falsch fand.

    Der großartige Paul Krugmann hat in seinem Blog vor einiger Zeit einen Hinweis an ein paar seiner Kritiker hinterlassen (finde ich grad nicht), sie sollten ihre Beleidigungen überdenken. Er wies darauf hin, dass es einige deutliche Indizien dafür gäbe, dass er nicht dumm sei (Krugmann ist unter anderem Wirtschafts-Nobelpreisträger). Ich versuche, aus dem Gedächtnis zu zitieren (das geht schief!): „Was Sie meinen“, schrieb er, „ist, dass ich böse bin.“

    Das Prinzip greift hier aus meiner Sicht auch: Wer heute tatsächlich noch zu dem enttarnten Lügner und Betrüger Guttenberg steht, der politisch wenig oder nichts erreicht hat als Leute zu entlassen und dessen Wehrreform am Ende wahrscheinlich kein bisschen seiner Handschrift tragen wird, der ist möglicherweise nicht dumm. Er ist nur völlig anderer Ansicht darüber, wie dieses Land funktionieren sollte.

  12. @Klaus: Kannst du mir erläutern, wo genau du darin den Käse siehst?
    Ich gebe zu, die Brücke scheint sehr weit geschlagen – Michalis schreibt:

    „Das Volk hat sich nach Meinung vieler [Kommentatoren] von dem Mann blenden lassen, es ist einfach nicht klug oder schlau genug, seinen Schwindel zu durchschauen. “

    An dem Punkt sehe ich das verschobene Selbstverständnis mancher Journalisten. Tut man sich einige der Gesprächsrunden im Öffentlich Rechtlichen an, in denen im Fall Guttenberg ja auch zumeist Journalisten (z.B. von der Bild, der Taz,..) teilgenommen haben, dann schwingt da im Subtext immer eine Sache mit: Guttenberg hat sich gekonnt in „den Medien“ inszeniert. Guttenberg wurde von „den Medien“ gehyped. Und selbst hier im Blog steht es ja: Man hätte ihn schon für seine Fehler wegen Kundus, wegen der Gorch Fock, wegen der unausgearbeiteten Bundeswehrreform in die Zange nehmen sollen und müssen.
    Versteh mich nicht falsch: es wurde zweifellos darüber berichtet – ich selbst fühle mich (als vom Letzteren direkt Betroffener) auch relativ gut informiert. An einem Großteil der Bevölkerung scheint all das aber vorbeigegangen zu sein – wie sonst würdest du die nach wie vor mehr als akzeptalben Umfragewerte Guttenbergs erklären?

    Es gibt also Journalisten, die seufzend die Hände über den Kopf schlagen und „Wie kann man den bloss jetzt noch toll finden?“ rufen.
    Für diese Medienschaffenden, die allein schon durch ihren Beruf dazu qualifiziert sind [sein sollten], das Wirrwar an Geschehnissen zu durchblicken, ist das sehr leicht zu sagen.
    Sie haben (zu großen Teilen) saubere Arbeit bei der Berichterstattung gemacht, es war möglich sich über jeden Fehltritt Guttenbergs zu informieren.

    Aber, und hier möchte ich jetzt die Brücke schlagen: War die saubere Arbeit auch eine gute? Meine persönliche Erfahrung zeigt, die Umfragewerte Guttenbergs zeigen, die Befragungen von Passanten auf den Straßen zeigen: Viele Menschen sind durch die Medien über die Existenz bestimmter Problemfälle informiert, aber sie durchdringen diese eben nicht. Es ist den Journalisten nicht gelungen in ihrer Arbeit klar zu machen, warum genau das jetzt schlecht war, warum genau man dies Handeln jetzt negativ bewerten sollte.
    Das ist ja selbst bei der Plagiatsaffäre nicht anders. Betont man, dass ein Plagiat quasi Diebstahl ist, erntet man nur Kopfschütteln: „Du hast wohl noch nie in ’ner Klassenarbeit abgeschrieben, oder was?“. Oder noch besser: „Du machst also nie Fehler?“.
    Gestern hat einer der Gäste(ich glaube es war Erwin Huber, sicher bin ich mir aber gerade nicht mehr) bei Maybritt Illner frechdreist behauptet, Guttenbergs Plagiat wird das deutsche Akademikertum in der Weltwirtschaft nicht abwerten. Das ist eine erstaunliche Kurzsicht.

    Den Menschen jetzt vorzuwerfen, sie wären schlicht zu doof sich eine ‚gute‘ Meinung zu bilden, halte ich genauso wie Michalis für arrogant und einfältig. Vielmehr haben es doch Journalisten versäumt, ihre Botschaft nicht bloss zu übertragen, sondern auch zu vermitteln.

    Das sollte jetzt der Brückenschlag sein 🙂
    Bei Guttenberg reden wir jetzt darüber, ich denke man kann das aber auch auf einen Großteil der Medienlandschaft übertragen: Die Botschaft kommt nicht an. Für den bisherigen Informationsweg sind die Konsumenten abgestumpft. Es ist an den Journalisten, dieses Dilemma zu lösen – die Konsumenten werden eher ihr Zeitungsabo kündigen, als dies zu tun.
    ____
    Das ist die ausformulierte, etwas lang gewordene Version meiner vormals drei Zeilen. Dabei möchte ich keinesfalls einen Anspruch auf Richtigkeit stellen, um Gottes Willen! Darum besuche ich ja Blogs wie diesen. Wenn jemand mein Weltbild gerade rückt, kann mir das ja nur von Nutzen sein 😉
    Deswegen würde ich gerne wissen, ab wo bei mir der Käse anfängt? Oder sind Hopfen und Malz verloren?

    (mein vorher geschriebenes „der Grund“ im Ausgangszitat würde ich heute wahrscheinlich auch lieber als ein dezenteres ‚ein Grund‘ sehen. That’s life 🙂

  13. Oh doch, die Wähler sind doof. Dazu braucht man sich nicht Guttenberg anschauen, sondern

    1. die Wahlergebnisse der FDP (Steuersenkungen, es war für jeden einigermaßen bemittelten klar, dass das nicht geht)

    2. die Auflage der BILD. Klar, es wird besser und die geht zurück, aber trotzdem.

    Dass Guttenberg jetzt immernoch gehyped wird ist nur ein weitereres Puzzlestück.

  14. Offen gestanden halte ich den Ansatz, die „Dummheit“ der Guttenberg-Fans mit unterschiedlichen Bewertungen seiner Verfehlung zu begründen – oder auch zu widerlegen-, für falsch.

    Viel interessanter finde ich die Frage, wie es überhaupt zu solcher Nibelungentreue kommen konnte. Denn wir reden ja nicht über eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die sich mit ihrem politischen Wirken über viele Jahre Respekt, Anerkennung und Sympathie erworben hätte. Nein, hier geht es um einen Berufspolitiker, den bis vor anderthalb Jahren außerhalb seines Wahlkreises niemand kannte, der keine großen politischen Ideen eingebracht hat und der auch in seiner kurzen Amtszeit als Minister nicht an wirklich bedeutenden Ereignissen beteiligt war.

    Es ist also gar nicht der Politiker, den das Volk liebt, sondern die Person, beziehungsweise das Bild, das er von gleichnamiger Zeitung und anderen willigen Medien hat zeichnen lassen. Das Bild vom ehrlichen, bodenständigen Mann aus gutem Hause, jung und dynamisch, ein bisschen Glamour, ein bisschen Aktionismus und viel, viel Populismus.

    Menschen, die über solche Zusammenhänge nachdenken, genügt dann eben eine solche Plagiatsaffäre, um ihn als Politiker abzulehnen. Allen anderen nicht.

    Unter diesem Aspekt kann ich den sicher vereinfachenden Vorwurf der „Dummheit“ sehr gut nachvollziehen.

  15. @Nils:
    nochmals zur Nachvollziehbarkeit beim Lesen:

    “Dieses Selbstverständnis mancher Medienschaffender ist doch der Grund für die (im Vergleich zu früher) katastrophalen Verkaufszahlen einiger Zeitungen.”

    Weil die Kausalität zwischen Auflagenschwund und dem Auftreten MANCHER Medienschaffender marginal ist.
    Printmedien verkaufen sich alle schlechter, ob mit guten oder schlechten Kommentatoren. Da geht’s um die Veränderung Leseverhalten, die Revolution der Medienwelt durch das Internet, Nichtfunktionierende Paid-Content etc, alles schon tausendmal durchgekaute Sachen.

    Der grundsätzlich gestörten Selbstwahrnehmung MANCHER Medienschaffender – wie du schreibst – widerspreche ich damit nicht, da ist schon was dran.

  16. Drei Dinge, Michalis:

    Vermutlich hat sich durch die Plagiatsgeschichte folgendes bei Guttenberg geändert:
    – Seine Integrität war in Frage gestellt. Und damit auch die Vertrauenswürdigkeit, dieses Amt auszuüben. Ein vorbestrafter Räuber darf in unserem Staat auch nicht Kanzler werden.

    – wir sind alle nicht mehr so besoffen von ihm wie vorher. Kritiker haben auf sein Versagen in Afghanistan, bei der Gorch Fock etc vorher hingewiesen, wurden aber ers t danach wirklich gehört.

    – Zum Plagiat:
    Zitat: „Es würde mich irgendwie beleidigen, ich wäre sauer, sicher zu Recht, aber meine Situation würde sich dadurch ja nur in dem unwahrscheinlichen Fall verändern, wenn jemand meinen Text zum Abdruck einer Publikation verkauft, der ich ihn sonst verkaufen könnte – analog wäre der materielle Schaden entstanden, wenn Guttenberg die zitierten Textstellen dadurch schwerer verkäuflich gemacht hätte.“

    Dadurch, dass jemand unberechtigt Nutzen aus dem geistigen Eigentum eines anderen zieht, fügt er diesem fraglos Schaden zu. Und zwar auch materiellen.
    Du bist doch auch in der VG Wort, oder? Eben.

    – Noch ein Zitat: „Intellektualismus sei der Urteilsfähigkeit der Nicht-Intellektuellen überlegen.“

    Das sehe ich nicht so. Aber auch nicht den
    Umkehrschluß. Die „Bild“ hat populistisch versucht, genau das Image vom nichtsnutzigen Wissenschaftsbetrieb zu stärken, der nichts wert ist im Gegensatz zum „gesunden Volksempfinden“.

    Außerdem glaube ich ohnehin, dass dieses fraglois politische Talent in einm paar Jahren wieder im Geschäft ist. Wahrscheinlich geläutert und gewachsen an diesem Fall. Wetten?

  17. Dumm sind sie nicht, die Guttenberg-Verfechter und „fans“. Aber unkritisch.
    Anders ist es da schon mit den Parteifreunden von Guttenberg und weiteren Parteimitgliedern in Koalitionsparteien. Die tingeln gerade durch die Talkshows, verteidigen Guttenberg so gut es noch irgendwie geht und arbeiten an sowas wie einer „Digitalstoßlegende“..und warum? Nur parteipolitisches Kalkül..die CSU will ihre Stellung vis a vis der CDU profilieren, die CDU und die FDP dagegen wollen Merkel stützen, die durch ihre zu frühe Unterstützung von Guttenberg sich keinen Gefallen getan hat, ex-post gesehen.
    Nein, mit Dummheit hat das wenig zu tun. Aber viel mit Parteienwettbewerb, Mobilisierung, Mythenbildung und hochpersonalisierter Politik.

  18. Über die reden wir hier. Sie mögen ihn und vertrauen ihm. Das ist nicht naiv, sondern Voraussetzung für Demokratie: Um zu wählen müssen wir vertrauen. Und wir vertrauen lieber denen, die wir mögen. Das klingt zu einfach, aber es ist so…

    Manchmal aber, wenn es zu einfach klingt, ist es das auch.
    Das Parlament soll der Bundesregierung vertrauen, der Wähler den Abgeordneten, der Bundespräsident dem Kabinett. Politisches Vertrauen lässt sich aber nur durch Kontrolle rechtfertigen und bei eben dieser Kontrolle bleibt vom sauberen Freiherrn halt nichts Vertrauenswürdiges übrig.

    Ich werde die, die im jetzt noch nachtrauern, nicht dumm nennen. Höchstens ungebildet und/oder ignorant.

  19. Deswegen verurteile ich Guttenberg ja auch wegen seiner schlechten (und gefährlichen) Leistung im Amt.

    Guttenberg war nur gut als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Aber das reicht nicht für einen Kriegminister.

    Wir sollten die Causa mal zum Anlaß nehmen und durchdiskutieren, welche Poloitik wir eigentlich haben wollen. Jeder Verteidigungsminister, der einen Krieg vertritt, den nach Umfragen über 70% nicht haben wollen, polarisiert.

  20. Sie mögen ihn und vertrauen ihm. Das ist nicht naiv, sondern Voraussetzung für Demokratie:

    Völlig falsch. Wer jemandem völlig blind insbesondere auch entgegen jeder Faktenlage vertraut, arbeitet Vollzeit _gegen_ die Demokratie und weiß überhaupt nicht was deren notwendige Voraussetzungen sind.

    Die Wähler sind nicht dumm.

    „Die Wähler“ sind nicht dumm, wie du nicht naiv bist. Offensichtlich. 😛

    Plötzlich einen großen Teil der Bevölkerung für dumm zu halten, weil sie an einem Betrüger Qualitäten sieht, die einen Verbleib im Amt trotz seines Betruges für richtig halten, ist sehr kurz gesprungen.

    Es ist vielmehr rational und konsequent. Dumm ist nur vielleicht nicht der beste Begriff, da er unabhängig von seiner Bedeutung meistens direkt NUR als Beleidigung aufgefasst wird und man dann die gegenteilige Reaktion auslöst wie Guttenberg, den ja alle mögen weil er so sympathisch ist.

    Es bedeutet vor allem, dass man sich vor einer echten Analyse drückt.

    Das ist doch Unsinn. Warum Leute naiv, einfältig und leichtgläubig sind weiß doch jeder. Da gibt es nicht sonderlich viel zu analysieren.

    Aber muss man dumm sein, um das anders zu sehen?

    Im Allgemeinen gilt man nicht gerade als intelligent, wenn man Sachen NICHT versteht. Aber das siehst du eben anders. 😀

    Das Plagiat an sich ist ein Verbrechen ohne Opfer,

    Falsch, wir sind sogar alle die Opfer seines Betrugs. Insbesondere gilt das für die Leute, die ihm mal vertraut haben und auf seine Lügen hereingefallen sind.

    Was also ist das Verbrechen?

    Ganz einfach: Die Konservativen fordern schon immer gegen alles „härtestmögliche Strafen“. Insbesondere auch bei Urheberrechtsverletzungen (Merkel betont das auch gerne). Und jetzt wo einer der ihren betroffen ist, soll man entgegen der Linie der Partei nicht nur nicht die härteste erdenkliche Strafe vollstrecken, sondern sogar alles verharmlosen und verniedlichen? Schonmal von Heuchelei gehört?

    obwohl mir als Begründung gerade nicht mehr einfällt, als dass Seitensprünge Privatsache sind.

    Von Privatsache zu sprechen ist sehr verfehlt, weil er diverse Lügen öffentlich in seinem öffentlichen Amt bekräftigt/wiederholt hat. Dadurch hörte es auf Privat zu sein, auch wenn es das vorher vielleicht war.

    Man könnte bis hierher sagen: Ja, er hat gelogen, aber er hat mich nicht belogen.

    Nein, könnte man nicht, denn er hat die Aussagen öffentlich gegenüber der Öffentlichkeit gemacht. Er hat doch „zum Volk“ gesprochen.

    Also bitte, natürlich wusste jeder, dass der Typ auch ein Blender ist. Darüber sollten die Leute sich nun aufregen? Haben sie nicht.

    Wieso soll die Bestätigung negativer charakterlicher Eigenschaften hier als Entschuldigung für das Verhalten der Guttenberg-Fans funktionieren? Hä? Leute die sich durch keine negative Eigenschaft eines Blenders in hohen Ämtern von diesem abwenden werden, sind Gift für jede Demokratie und freie Gesellschaft.

    Sie haben dabei sicher nicht in Betracht gezogen, welchen Schatten das trotzdem auf die Wissenschaft an sich geworfen hätte, und den meisten Menschen ist die Wissenschaft an sich wahrscheinlich auch keine echte Herzensangelegenheit

    Bravo und Menschen für die die Wissenschaft keinen Stellenwert hat, darf man natürlich niemals als dumm bezeichnen. 😀 Supa Text Dude! 😉

    Langer Rede kurzer Sinn: Man konnte auch ohne dumm zu sein einen Weg finden, weiterhin Guttenberg im Amt zu wollen

    Sorry, aber – gerade mit diesem Text hast du allen Personen die trotzdem zu Gutti stehen einen Charakter übelster Sorte bescheinigt, der eigentlich noch viel schlimmer ist, als sie bloß pauschal als „dumm“ zu bezeichnen. Es ist wirklich das genaue Profil von Leuten, die jedem Führer bei allem folgen würden. Wer hier noch nicht alarmiert ist, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

  21. Achja, was oben gar nicht erwähnt wurde, was IMHO aber extrem wichtig zu sein scheint, ist: Stolz.

    Niemand mag es ja wirklich, sich zu irren, falsch zu liegen, schlicht NICHT recht zu haben. Somit ist das Zugeben, dass Guttenberg eben kein Idol ist, auch das Eingeständnis, selbst die ganze Zeit über geirrt zu haben. Für mich spielt auch das eine wichtige Rolle dabei, wenn man hartnäckig an der Verehrung festhält – viele sind sich dessen sicherlich nicht einmal bewusst.

  22. Natürlich mag Vertrauen ein wichtiges Standbein der Demokratie sein, aber das zweite Bein, das es für eine funktionierende Demokratie braucht ist meiner Meinung nach die Kontrolle. Ich denke auch dass viele Argumente der KTzG-Fans objektiv widerlegt oder widerlegbar sind und ich bin überzeugt, dass die gebetsmühlenartig wiederholten Formulierungen er sei ein politisches Talent und ein erfolgreicher Politiker wenig Substanz aber um so mehr Kraft haben. Deinen instrumentellen Politikbegriff vom Organisieren von Mehrheiten halten ich zum einen für beängstigend kurz gegriffen aber zum anderen hat er das ja eben zum Glück nicht mehr geschafft und musste deswegen zurücktreten. Ob ich persönlich die KTzG-Fans für dumm halte tut überhaupt nichts zur Sache, sie machen mir einfach Angst, weil ich befürchte, dass unreflektierte und unkritische Menschen leicht Entscheidungen treffen könnten, die für viele (z.B. Minderheiten und Querdenker) höchst gefährlich werden können. Politiker, die es schaffen mit solchen Menschen Mehrheiten zu organisieren (=Populisten) lösen bei mir reflexartig einen inneren Alarm aus, weil ich beim Blick auf geschichtliche Vorbilder dann mit dem Schlimmsten rechne.
    Mir kommt das ein bißchen so vor wie das Bonmot „Meine Meinung steht fest, verwirren sie mich nicht mit Tatsachen…“ Mein Politikverständnis setzt nicht auf das bloße Organisieren von Mehrheiten, sondern auf das Überzeugen, transparent machen von Problemen und Entscheidungen, auf Aufklärung und das Vertrauen auf die Macht der „Wahrheit“. Kein Wunder also, dass mir das was da gerade abgeht in höchstem Maße Angst macht, weil es für mich all das radikal in Frage stellt.

  23. Lustig, dass Du den Vergleich zu Seitensprüngen anbringst.

    Habe ein paar Tage vor Guttenbergs Rücktritt mit meiner Mutter telefoniert. Keine Akademikerin, als Gattin eines Offiziers und Berufssoldaten über Jahrzehnte durch die Bundeswehr geprägt, politisch ziemlich konservativ.

    Sie konnte nur mit Abscheu von Guttenberg sprechen, obwohl sie gar keine Vorstellung davon hat, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert. Aber sie hat die Heuchelei, die mit dem Plagiat verbunden war, sehr genau verstanden. Und sie verglich es ebenso mit einem Seitensprung.

    Du magst Recht haben, dass ein Seitensprung erst einmal Privatsache ist. Aber meine Ma echauffierte sich in dem Gespräch über andere CDU/CSU-Politiker, die öffentlich Familienwerte predigen und ihre Partner und Kinder der Presse präsentieren, aber dann ihre Partner hintergehen.

    Ob das Privatsache ist oder nicht dürfte eben davon abhängen, wie sehr sich man vorher als vorbildlicher Ehepartner/Familienmensch präsentiert hat. Es würde auch die Glaubwürdigkeit von Frau v.d.L. stark beschädigen falls sich herausstellen sollte, dass sie, die ihre Kinder zuvor durch jede Homestory zerrte, tatsächlich eine grauenhafte Mutter ist.

  24. Das Rolex-Argument ist nicht nur schwach, es ist falsch. KTG hat keine gefälschte Rolex gekauft, er hat eine Rolex gefälscht. Das ist entscheidend. Vielleicht könnte ich einen mögen, der eine gefälschte Rolex trägt. Den, der sie verkauft hat, eher nicht. Aber definitiv ein (auch menschliches) Problem hätte ich mit einem, der die falschen Dinger herstellt und damit auch noch angibt; und der, wenn man ihm nachweist, das das Teil eine Fälschung ist, tagelang beteuert, das Ding sei echt und richtig teuer gewesen.
    Ich halte Guttenbergs Verteidiger nicht für dumm, aber für verblendet. Sie sind aus Anhängern zu Verehrern geworden.
    Mir fällt in dieser Betrachtung (wie auch in ähnlichen Fällen) eine Abhandlung Bonhoeffers über das Wesen menschlicher Dummheit ein. http://www.cleansed.de/dummheit.php Danach kann man wohl gegen Bosheit vorgehen (vielleicht sogar argumentieren), nicht aber gegen eine gewisse Form der Beschränktheit. Diese Beschränktheit ist keineswegs intellektuell, sondern eine Art Lebenseinstellung. (Auch Intellektuelle können sehr dumm sein) Der so Beschränkte ist für Argumente nicht mehr zugänglich. Er will etwas sozusagen mit aller Gewalt glauben und sieht gar nicht, wie fadenscheinig seine Argumente für diese Haltung sind. Und genau das ist das Problem auch im Fall Guttenberg. Wie will ich mit jemandem diskutieren, der im Grunde nur mit Leuten reden will, die Guttenberg für den größten lebenden Politiker halten und jede sachliche Kritik an seinem Idol für eine von Neid, und Missgunst getriebene Gemeinheit hält, nach dem Motto: „Gutti ist zu gutt für Euch.“
    Ich gebe zu, dass ich Guttenberg auch gemocht habe. Aber ich habe irgendwann in der Kundusaffäre gemerkt, dass er zumindest hin und wieder den Geradlinig-Nüchtern-Entschiedenen nur spielt und dabei selbst oft nicht genau weis, was los ist. Bei der Aussetzung der Wehrpflicht (seiner einzigen großen Leistung, wie ich finde) war ich mir z.B. nicht sicher, ob Guttenberg das Argument Kassenlage nur vorgeschoben hat, um seine Leute zu überzeugen oder ob es für ihn selbst entscheidend war. Trotzdem hat er mich in der Plagiatsaffäre noch einmal negativ überrascht. Es ist für mich immer noch atemberaubend, wie ein Mensch mit solchen Fähigkeiten so dämlich sein kann.
    Möglicherweise bin ich ja nicht aufmerksam genug gewesen, aber ich habe nicht ein intellektuell redliches und überzeugendes Argument gelesen, warum man Guttenberg als Politiker jetzt noch verteidigen sollte. Er hat sich als einer wie alle anderen entpuppt. Dass ihn viele Leute immer noch mögen, ist eine emotionale Kiste, die völlig davon absieht, dass der Mann sein Ehrenwort gebrochen hat. Umfragen helfen da nicht weiter. Wenn ich die Leute auf der Straße fragen würde, ob das Gravitationsgesetz geändert werden soll oder die Sonne öfter scheinen müsste, bekäme ich auch eine Mehrheit.
    Vielleicht ist es ja gemein und unfair, aber auf welch intellektuellem Niveau sich die KTG-Verehrer bewegen, zeigt für mich exemplarisch die Bemerkung seines Vaters Enoch vom Samstag, der die Kritik an seinem Sohn als Menschenjagd qualifizierte, wie er sie seit 1945 nicht mehr erlebt habe. http://www.focus.de/politik/deutschland/plagiatsaffaere-guttenbergs-vater-wirft-kritikern-menschenjagd-vor_aid_605903.html Enoch zu Guttenberg wurde im Herbst 1946 geboren. Wie gesagt, er ist sein Vater, den ich noch dazu recht sympathisch finde. Aber solche Leute kann man nur noch vor sich selber schützen.
    Können wir im Übrigen endlich mal aufhören, die Causa Guttenberg und ihre Nachwirkungen immer nur grundsätzlich und bierernst zu betrachten. Die beste Antwort auf die meist eher kläglichen Pro-Guttenberg-Aufmärsche vom Samstag waren die Spaßplakate a la „Jetzt oder nie Monarchie“, „Gutti führ uns ins Licht“ usw.

  25. @royse: Off-Topic-Zwischenfrage: Wechselst du die Mailadresse oder warum erkennt das System dich nicht? Ich muss dich doch sonst nicht moderieren?

  26. „diejenigen, die ihn ohne Wenn und Aber sowieso geliebt haben. Über die reden wir hier. Sie mögen ihn und vertrauen ihm. Das ist nicht naiv, sondern Voraussetzung für Demokratie.“
    Ohne Wenn und Aber vertrauen, ist kein bloßes Vertrauen, sondern blindes Vertrauen. Das ist m.E. eine große Gefahr für Demokratie, nicht ihre Voraussetzung. Und der Unterschied zwischen Fremdgehen, und Doktortitel erschleichen und zum Teil damit zum Minister zu werden, ist der Unterschied zwischen Privat- und Berufsleben, der Unterscheid zwischen, eine Person betrügen und dutzende (im weiteren Sinne millionen) betrügen.

  27. Nach doch einigen eher „redundanten“ Postings hier ist das mal wieder ein Beitrag ganz nach meinem Geschmack: spannende Fragestellung, die auf anderen Seiten zu kurz kommt, schlaue Gedanken dazu und deshalb sehr interessante Kommentardiskussionen.

    Klasse, mikis, danke dafür!

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