Ich bin mir nicht sicher, ob das nach meiner eigenen Vorstellung von diesem Blog hierher gehört, aber erstens ist das hier ja mein Beitrag zur öffentlichen Auseinandersetzung und außerdem kann ich hier auch machen was ich will, deshalb habe ich mich nach einigem Ringen selbst überstimmt und beschlossen, dass ich mich schlechter fühle, wenn ich gar nichts sage.
Also: Ralph Giordano führt heute in der Bild-Zeitung zum Thema „Minarett-Streit in der Schweiz“ einen intellektuellen Trick vor, der einerseits so unwürdig ist und andererseits so kunstvoll aufgebaut, dass ich nicht anders kann, als ihm widersprechen.
Giordano, der aus meiner Sicht völlig zweifelsfrei ein Kämpfer für die Freiheit und gegen jede Art von Rassismus ist, schliddert argumentativ in einen Kampf der Kulturen und verteidigt aus seiner Sicht unseren fortschrittlichen Kulturkreis gegen den rückständigen muslimischen.
Durch eine total verfehlte Immigrationspolitik stoßen hier zwei Kulturkreise in jeweils sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien aufeinander:
• Der abendländisch-christliche Kreis, der in den letzten fünfhundert Jahren mit Renaissance, Aufklärung, bürgerlichen Revolutionen und ihrer Fortschreibung durch die Jahrhunderte einen gewaltigen Sprung nach vorn getan hat.
• Der islamische Kreis, eine Welt, die nach einem Kulturhoch am Ausgang des Mittelalters, von dem Europa nur beschämt werden konnte, auf eine verstörende Weise stagniert. Anpassungsversuche an die Moderne führen zu schweren Erschütterungen. Dabei zeigt gerade die Türkei auf mannigfache Weise, wie schwer es selbst eine teilsäkularisierte muslimische Gesellschaft mit Reformen hat.
Diese Position hat er nicht alleine, im Gegenteil, ich nehme an, dass aus dieser Position heraus das Schweizer Volksbegehren erfolgreich war und ein ähnliches auch bei uns Aussichten auf Erfolg hätte. Unabhängig davon, ob seine Position so stimmt (aus meiner Sicht verzerrt sie die Realität unzulässig, aber das ist noch gar nicht das Thema), verkennt Giordano die Rolle, die ihm in dieser Diskussion zugedacht ist entweder fahrlässig, oder er hat seine Position nicht bis zum Ende durchdacht. „Das wird man doch noch nichtsagen dürfen!“ weiterlesen