Ist der Diekmann!

Ich habe sehr gelacht in den letzten Tagen, unanständig viel und laut, über den Blog des Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann, besonders nachdem ich meine Reflexe abgestreift hatte, ständig nach dem Haken, dem Fehler, eben dem Grund zu suchen, warum einem das Lachen über die Selbstdarstellung des redenden Haarschaums im Halse stecken bleiben sollte. Ich für mich muss sagen: Was auch immer man über Kai Diekmann denkt, das Projekt kaidiekmann.de ist brillant, wild und groß.

Ich sage das mit dem gleichen Gefühl, mit dem ich sage: Tim Wiese hat schon ein paar sehr gute Spiele gemacht. Deshlab muss ich ihn nicht weniger hassen. Aber Tim Wiese ist kein schlechter Torhüter, nur weil er (Meinungsäußerung) ekelhafte Haare hat, schleimig ist, bei Gelegenheit abartig um sich und generell eher dämlich auftritt.

Und Kai Diekmann? Münte würde sagen: Der kann Medien.

Er hat eine artifizielle Persönlichkeit aus sich gebaut, die mich an einen penetranten Punk auf einer Straßenkreuzung erinnert, der seine Dienste zur Not aufdrängt, indem er einem so charmant wie nötigend mit seinem Stielschwamm ein Schaumherz auf die Scheibe malt. Und so ist Diekmanns Bild: aufdringlich, manchmal auf charmante und meist auf penetrante Art, und dabei gleichzeitig interessant, abstoßend und unvermeidlich.

Es ist eines der Mysterien der Menschheit, dessen Lösung uns weit über das ja dann doch nur mäßig erhebliche Maß der Diekmänner hinaus von Despoten befreien könnte: Wie kann man eigentlich gleichzeitig gefallsüchtig sein und mit vollem Bewusstsein ein Arschloch? Schlimmer gespalten kann eine Persönlichkeit doch gar nicht sein, oder sehe ich das flasch? Um es mit Depeche Mode zu sagen: „I think that god has a sick sense of humour.“

Diekmann in seiner Brillanz allerdings beweist im Alleingang einiges, das an anderen Stellen noch heiß diskutiert wird: Nämlich dass „Medien können“ ganz eindeutig ausreicht, um Medien zu machen – und es vollkommen egal ist, wer gerade die Deutungshoheit darüber innehat, was eigentlich Journalismus ist und wer ihn ausübt. Kann Diekmann Nachrichten? Fraglich. Kann er Feuilleton? Sicher nicht. Kann er Journalismus? Wer will das sagen.

Ich weiß nicht, ob Jean-Remy von Matt inzwischen bereut, dass er Blogs offenbar einmal die „Klowände des Internet“ genannt hat, oder ob er sich darüber freut, einen Klassiker von Satz geschaffen zu haben. Aber nachdem Kai Diekmann der Welt regelmäßig klar macht, dass nicht alles automatisch Journalismus ist, nur weil es in der Zeitung steht, beweist er nun im Vorbeigehen, was man Großes auf einer Klowand anstellen kann.

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