Warum Verlage “das Internet” nicht verstehen

Die meisten von uns stehlen nicht. Wir geben das Zuviel an Wechselgeld zurück, sagen dem Nachbarn, wenn wir uns ein Feierabendbier aus der Kiste auf seiner Terrasse nehmen (nebenbei: Sorry, Ole, ich habe …) und neulich kam ein Mann Zerknüllte Zeitung
hinter mir hergelaufen, weil ich zwar meine EC-Karte vom Geldautomaten wieder mitgenommen habe, aber nicht die 400 Euro im Geldschlitz. Wir stehlen selbst dann nicht, wenn ir uns sicher sein können, dass wir nicht erwischt werden. Es kann also nicht daran liegen, dass wir uns vor Strafe fürchten. Wir tun es nicht, weil wir gelernt haben: Das tut man nicht. Es ist unsere Kultur.

Gesetze, so viel wenigstens habe ich als wahrscheinlich schlechtester Jurastudent in der Geschichte der Universität Hamburg gelernt, greifen erst, wenn die Kultur versagt hat. Sie sind keine Regeln, an die Menschen sich halten, sondern solche, die das Prozedere bestimmen, wenn schon alles kaputt ist. Juristen brauchen wir, wenn die Kultur versagt hat. Und jetzt ist es so weit: Die Verleger unter Anführung ihres Verbandspräsidenten Dr. Hubert Burda rufen nach neuen Regeln. Sie möchten an den Erlösen von Google beteiligt werden und die Befreiung von der Mehrwertsteuer.  Ich persönlich halte beides für nicht argumentierbar (eher sollte Google Geld dafür nehmen, die Seiten der Verlage überhaupt zu listen und Preseerzeugnisse sind bereits mit der niedrigen Mehrwertsteuer für lebenswichtige Güter gesegnet), aber darum geht es hier nicht einmal. Es geht darum, wie die Verlagskultur versagt hat, bis es dazu kommen konnte, dass wir glauben, neue Gesetze fordern zu müssen.

 

Wir befinden uns im Zeitschriftenmarkt in einer Abwärtsspirale: Immer weniger Menschen kaufen Zeitschriften, die Anzeigenkunden haben weniger Geld und für die Redaktionen bedeutet das, sie müssen sparen und stärker um die Anzeigen kämpfen (den Kundern stärker entgegenkommen) – das Produkt wird schlechter. Wenn aber vorher schon weniger Leser bereit waren, den aufgerufenen Preis für ein Produkt zu bezahlen, wird es mit einer schlechteren Zeitschrift sicher nicht einfacher. Ein Teufelskreis.

 

Gleichzeitig gibt es Beispiele von Zeitschriften, die sich mit einem ordentichen Verkaufspreis am Markt behaupten (darüber habe ich hier geschrieben), und auch Dr. Burda sagt Print im oben verlinkten Interview-Auszug: „Zeitschriften bleiben trotz Internet ein reifes, aber sehr gesundes Geschäft.“ Es gibt einen Markt. Und wenn Markt bedeutet, dass sich Käufer und Verkäufer auf einen Preis einigen, der beiden fair erscheint, dann bedeutet das auf der anderen Seite, sehr, sehr viele Zeitschriften sind den Lesern weniger wert, als sie es sein müssten, um wirtschaftlich überleben zu können. Um es kurz zu sagen: Vanity Fair für einen Euro ging ganz gut. Mit CD oder DVD auch für zwei Euro. Zwei oder mehr Euro für die reine Zeitschrift erschien vielen Lesern kein fairer Preis mehr, obwohl Condé Nast eine Menge mehr dafür hätte einnehmen müssen. Nun hat der Leser keine Vorstellung von der Kostenkalkulation einer Zeitschrift. Aber er hat ein Gefühl dafür, was in einem (dem von ihm gelernten) Markt ein fairer Preis ist. Und: Wir alle bekommen gern etwas geschenkt. Aber wir stehlen nicht.

Es gibt – zumindest in der Binnensicht der Betroffenen – eine Ausnahme von meiner „wir stehlen nicht“-Beobachtung: Angeblich klauen wir in rauen Mengen Musik. Dazu habe ich zwei weitere Beobachtungen, von denen ich glaube, dass sie am Ende eher Indizien dafür sind, dass meine Regel doch gilt.

Zum Einen habe ich selbst seit der Erfindung des iTunes-Stores so weit ich mich erinnern kann praktisch keine Lieder mehr illegal herunter geladen. Was ich als Zeichen nehme, dass es für mich und solche wie mich (ich hoffe, es gibt sie!) eher darum ging, einfach an Musik zu kommen als nur kostenlos. Natürlich bin ich nicht 15, und die 15-Jährigen sind heute anscheinend wichtig genug, dass die FTD meldet, wenn ein 15-jähriger Praktikant Twitter für überschätzt hält. Aber ich selbst hatte mit 15 Jahren wahrscheinlich 25 Platten, den Rest meiner Musik hatte ich mir auf Kassetten überspielt. Das Überspielen ist heute einfacher, klar. Aber die 25 Platten wollte ich haben. Unbedingt, weil ich ein Fan der Bands war (und in den meisten Fällen noch heute bin). Ich komme noch darauf, warum ich glaube, dass die Musikindustrie unsere Fehler in Bezug auf die innere Kultur ihrer Branche vorgemacht hat, aber erst einmal reicht hier als Argument, dass ich glaube, die Musikindustrie wird immer Wege finden, echtes Fansein zu kapitalisieren. Und wenn nicht die Industrie, dann die Bands selber.

Zum Zweiten glaube ich, dass die unbestrittene Tatsache, dass sehr viel Musik illegal heruntergeladen wird, mein erstes Argument unterstützt: Die Androhung von Strafe hält uns nicht von dem ab, was wir tun wollen. Wenn wir nicht stehlen, dann deshalb, weil es nicht unserer Kultur entspricht. Wir würden es nicht tun, wenn wir es als wirklich unfair empfinden würden. Und da ist das Wort wieder: Fairness.

Wenn wir also erfolgreich Hefte verkaufen wollen, dann stehen wir zum einen vor der Frage, welchen Preis Leser für unsere Inhalte als fair empfinden und bezahlen werden. Bei Brand Eins sind das offensichtlich 7,60 Euro. Bei der Bravo 1,40 Euro – und damit knapp die Hälfte der drei Euro, die ein Bravo-Leser wöchentlich zur freien Verfügung hat. Aber woher kommt das Gefühl für Fairness? Wann haben die Leser das Gefühl, ein Preis wäre fair?

Ich wage eine These, die sich auf eine Beobachtung des allgegenwärtigen Jeff Jarvis in seinem Buch „What Would Google Do?“ stützt. Darin beschreibt Jarvis das System der Preisfindung bei Google. Anstatt für jeden Dienst den höchsten Preis zu nehmen, den noch eine sinnvolle Menge Menschen auszugeben bereit ist, versucht Google, seine Dienste so günstig wie möglich anzubieten. Für die meisten User bedeutet das: kostenlos. Das ist – nach meinem Verständnis – die neue Definition von fair. Jeder Leser, User, Käufer und Fan hat ein Verständnis dafür, dass Arbeit, Dinge und Services Geld kosten. Aber hat er das Gefühl, dass wir ihm Zeitschriften so günstig wie möglich anbieten? Den bestmöglichen Service für so wenig Geld, wie es eben geht? Daran hängt nämlich noch etwas: Hat er das Gefühl, dass wir das, was wir tun, für ihn tun? Oder meint er nur, wir wollten ihn so gut abschöpfen, wie wir können? Hält er uns für fair?

Meiner Meinung nach tut der Leser das in den vielen Fällen unrentabler Zeitschriften nicht. Er fühlt sich nach jeder Lektüre leerer als vorher und von uns abgezockt. Und das zu Recht: Wir haben Jahre lang Anzeigenumfelder geschaffen und redaktionelle Qualität heruntergefahren. Wir alle arbeiten heute mehr als noch vor einigen Jahren, haben dabei aber weniger Zeit für Recherche, hat eine Studie der Universität Münster ergeben. Während also die neue Kultur sich in die Richtung bewegt, immer großartigere Services (wie Google Maps) billiger oder kostenlos anzubieten, bieten wir ein immer schlechteres Produkt zu gleichbleibenden oder steigenden Preisen. Die Lösung dafür ist nicht, das Geld eben woanders herzuholen oder den Preis über Mehrwertsteuersenkungen an die schwindende Qualität anzugleichen. Der erste Schritt zur Lösung wäre, bessere Qualität anzubieten. Aber dazu müssten wir uns darauf einigen, was das ist. Und der erste Schritt dahin wäre, herauszufinden, was der Leser darunter versteht – ein Punkt, der bisher meines Wissens noch nirgendwo diskutiert wurde, wo zur Rettung des „Qualitätsjournalismus“ aufgerufen wird.

Ich komme noch einmal auf die Musikindustrie, weil sie uns ein paar Überfehler dramatisch vorführt. Wie der Zeitschriftenmarkt hat sie sich viel zu lange auf den „Massenmarkt“ gestützt, selbst als klar wurde, dass es so etwas kaum noch gibt. Der Appeal ist klar: Ein einziger Treffer im Massenmarkt war potenziell millionenschwer, während das behutsame aufbauen von Künstlern, die nicht „something for everybody, but everything for somebody“ sind, mühsam ist und am Ende vielleicht ein Quell stetigen Einkommens, aber eben nur eines kleinen Einkommens.

Als Hohepriester dieser Bewegung erklärt Dieter Bohlen jedes Jahr in DSDS, worauf es im Musik-Business ankommt. Ein Mann, dessen ungeheurer Erfolg sich nach meiner Einschätzung nur mit der von McDonald’s vergleichen lässt: Absolut jeder kann und will manchmal ein bisschen davon, aber man würde die Jungs nicht zu Fernsehköchen machen und behaupten, so ginge gutes Kochen. Bei McDonald’s wissen sie sicher besser als irgendwo sonst, worauf es im Business ankommt. Aber Essen ist für den Esser kein Business. Musik ist für den Hörer kein Business. Und Journalismus ist es für den Leser nicht. Sie sind Teile seines Lebens, oft sogar wichtige. Kulturgüter. Er geht manchmal zu McDonald’s, hört ein Lied von Dieter Bohlen oder liest Quatsch. Aber er hat nicht angefangen, die Kulturgüter zur reinen Ware zu machen, die möglichst billig produziert und möglichst teuer verkauft werden muss. Das waren wir.

Nun ändert sich die Kultur und es stehen den Menschen großartige Produkte zur Verfügung, für die ihre Hersteller wenig oder nichts verlangen – oder es gar dem Nutzer überlassen, so viel dafür zu bezahlen, wie es ihnen wert ist. Ein Paradigmenwechsel. Als Zeitschriftenmacher konkurrieren wir meiner Meinung nach weniger mit den kostenlosen Informationen im Internet, als mit dieser neuen Kultur. Das Bestmögliche so billig wie möglich verkaufen … ich kann mich nicht erinnern, diesen Satz schon einmal in einem oder aus einem deutschen Verlagshaus gehört zu haben.

Ich sage es noch einmal: Ein Bravo-Leser gibt für seine Zeitschrift fast die Hälfte seines verfügbaren Einkommens! Ein Brand-Eins-Leser gibt 7,60 Euro! Ein GEO-Leser bezahlt 6,30 Euro. Sie alle müssen diese Zeitschriften lieben. Und sie müssen den Preis für fair halten. Sie müssen glauben, dass sie nicht abgezockt werden. Sie müssen das Gefühl haben, dass eine Redaktion mit Mühe und Arbeit gute Inhalte für sie produziert hat, und dafür bezahlt man eben Geld. So sind wir. Wir nehmen gern Geschenke an, aber wir stehlen nicht. Ein erster Schritt wäre also, wenn die Zeitschriftenverleger aufhören würden, Leser als Diebe und Parasiten abzutun, die durch die „Gratiskultur im Internet“ verdorben sind. Der zweite wäre, dass Verleger von der McDonald’s-Kultur des „möglichst billig produzieren und möglichst vielen möglichst teuer verkaufen“ ablassen. Denn da ist kein Geld mehr drin, weil niemand den fairen Preis dafür verstehen wird – völlig zu Recht, es gibt keinen, weil das System unfair ist.

Der dritte Schritt ist, Zeitschriften zu machen, die Leser lieben.

Das Internet wird wahrscheinlich noch einige Zeitschriften die Existenz kosten, aber es ist nicht das Ende des Mediums Zeitschrift. Wie sollte das gehen? Kaufe ich eine Zeitschrift nicht mehr, weil ich jetzt weniger Zeit habe, in der mir so langweilig ist, dass ich zur Not eben Zeitschrift XY lese? Na gut, das kann sein. Dann könnte man sagen, das Internet ist das Ende der langweiligen Zeitschrift. Wenn das keine einzige Zeitschrift überlebt – wenn wir es nicht schaffen, Hefte zu machen, die Leser lieben –, dann haben wir es auch nicht verdient.

*Foto (unter CC-Lizenz): http://www.flickr.com/photos/cedrouille/

3 Antworten auf „Warum Verlage “das Internet” nicht verstehen“

  1. die einheit der materie, mein liebster grieche, Du hast in Deinem an sich und wie üblich gescheiten kommentar ein bisserl gar oft die richtung gewechselt. und uns das, was Du im teaser versprochen hast, „warum die verlage das internet nicht verstehen“, am ende gar nicht erklaert. sondern einmal mehr und vehement verlangt, dass „wir“ bessere zeitschriften/zeitungen machen müssen. da gebe ich Dir zwar, wieder einmal, voll und ganz und auch noch absolut recht, doch es sind zwei paar verschiedene stiefel, die Du Dir da versucht hast anzuziehen.

    diese woche hatte ich eine schoene diskussion mit einem ehemaligen NZZ-ausland-korrespondenten. der kuerzlich aus spargruenden fruehpensioniert wurde. ein alter kaempe, sehr lebenserfahren, er hat in seiner langen karriere viel gesehen und erlebt, lange aus lateinamerika berichtet, schon in jenen fernen zeiten, als der bart des fidel noch nicht grau war. er hatte das arbeiten eigentlich nei noetig, weil er aus guter familie stammte, tat es aber gern und mit viel herzblut und oft und heftig erschwerten bedingungen. heute ist er nicht frustriert, die NZZ hat ihm viele moeglichkeiten geboten, er hat die chancen genutzt, doch er ist konsterniert ob des stetigen und anscheinend unaufhaltsamen abbaus des ausland-korrespondenten-netzes der NZZ – hier wird eine USP leichtfertig verschenkt, die NZZ wird profan und passivistisch (aus Honduras wird mangels reisetuechtigem man-power (spesen?) nur „trocken“ berichtet, noch vor wenigen jahren unvorstellbar). und es wird nicht besser werden, wird ein ausland-korrespondent pensioniert, wird er nur noch selten ersetzt, in london, paris, new york, wo frueher immer mindestens zwei schreiberlinge sassen, muss nun einer allein wirtschaft, politik, feuilleton, manchmal auch noch sport abdecken.

    ich bin mit der NZZ aufgewachsen, habe sie tag fuer tag gelesen, seit ich etwa 12 war (und spaeter auch ein paar jahre fuer sie gearbeitet) – und ich wuerde behaupten, dass ich einen grossen teil meiner allgemeinbildung von der „alten dame“ erhalten habe. ich erinnere mich, obwohl es mehr als 25 jahre her ist, an artikel ueber das politische system und das leben allgemein auf den komoren, anderthalb seiten, glaenzend geschrieben, an einen artikel ueber feuerland und die zustaende dort (was mich veranlasst hat, nach feuerland zu reisen), einen gleichen artikel ueber chiloe (dorthin reiste ich dann auch), an wunderbare, hervorragende, traumhafte stuecke eines ausgezeichneten journalisten (unterdessen in deutsche provinz verbannt), die aus literarisch wertvollen 400 zeilen herrlichster einleitung und sieben zeilen konklusion bestanden, aus china. das gibt es heute nicht mehr. der „mehrwert“, und jetzt komme ich endlich zum punkt, existiert nicht mehr. doch brauche ich eine tageszeitung, die mich jährlich 250 euronen kostet, wenn sie mir keinen „mehrwert“ bieten kann? wenn ich alles, was sie noch zu bieten hat, morgens um 7 schon auf dem internet lesen kann, gratis – und oft besser, weil andere zeitungen halt noch korrespondenten vor ort haben? ich werde, wenn mein NZZ-abo anfang naechsten jahres auslaeuft, nicht mehr erneuern. denn es gibt keinen grund mehr, diese zeitung zu kaufen.

    und es geht mir mit noch vielen zeitungen und zeitschriften so. ich habe frueher, vor sechs, sieben jahren, monatlich fuer etwa 500 euro zeitschriften gekauft. dazu hatte ich noch etwa ein dutzend amerikanische abonniert (weil sie so billig sind im abo), dazu zwei tages-zeitungen (auf den grottenschlechten „tages-anzeiger“ kann ich bestens schon lange verzichten, null entzugserscheinungen), die eine oder andere wochenzeitung/zeitschrift. heut komme ich monatlich auf noch hoechstens 200 euro – weil es halt ganz viel zeugs gibt, das ich nicht mehr als lesenswert erachte (die 7,60 euro für brand eins sind es mir aber fast jeden monat wert; fuer den spiegel wuerd ich auch so viel bezahlen, wenn ich denn muesste). mich interessiert nicht der preis, mich interessiert nur der inhalt, das layout, die aufmachung, einzelne geschichten – der „mehrwert“. aber es sind so viele zeitschriften ein absoluter greuel geworden, seit es den englischen „condé nast traveler“ gibt und ich deshalb den amerikanischen „condé nast traveller“ kaum mehr finde, kann ich bestens verzichten, „wallpaper“ ist ein schatten seiner selbst, auch einst so herrliche blaetter wie „harper’s bazaar“, „dazed&confused“, „interview“ kann ich mir locker sparen. dabei will ich doch nur gute geschichten, gute tipps, gutes layout, gute ideen. ich will auf dem scheisshaus sitzen, das blatt auf den knien – und wenn ich aufstehe, dann sollen mir die beine eingeschlafen sein, weil ich ein halbes stuendchen oder mehr gesessen habe, und ich gar nicht merkte, wie die zeit verrann.

    ich bin eine alte boulevard-sau. wir haben vor mehr als 20 jahren noch gelernt, dass die zeitung einzig und allein über die schlagzeile verkauft wird. abos, vergiss es. inserate, nice to have, aber das war eine lanzeit-wirkung, und die konnte die redaktion kaum interessieren. aber kohle, richtige kohle machte man tag fuer tag am kiosk. bretterharter abverkauf. verkauften wir mehr als x exemplare (und das wussten wir spaetestens um 12 uhr mittags), dann war der tag gut, wenn nicht, dann wurden wir in den hintern getreten. und zwar kraeftig. diese mentalitaet, die fehlt heute der ganzen branche.

    mein gott, jetzt bin ich aber laenglich geworden. aber, hey, schoen, mein grieche, dass Du mich so lange bei der stange halten kannst – ich weiss nicht, wann das zuletzt ein heft geschafft hat.

    das internet nun aber als der grosse feind. da wundere ich mich. die new york times, die einen der weltbesten sites unterhaelt, hat gerade angekuendigt, dass sie kohle verlangen will fuer den inhalt. das wird bedeuten, dass sie in mir einen treuen leser ihrer site verlieren wird. bisher war es so, dass man namen und email-adresse angeben musste, dann wurd man taeglich einmal mit irgendwelchen angeboten belaestigt, doch das hab ich nie als stoerend angesehen, damit konnte ich bestens leben. aber bezahlen – nein. ich bezahle auf den netz fuer genau zwei sites, wall street journal und financial times, weil ich die fuer den job brauche, aber zuerst 10 jahre gratis und dann ploetzlich bezahlen, das ist no-go.

    ich bin aber ueberzeugt, dass die herren und damen verleger auf den netz trotzdem kohle verdienen koennen, auch wenn sie fuer ihren redaktionellen inhalt wohl nie geld erhalten werden (weshalb auch, der ist ja schon ueber die zeitung bezahlt, sagt sich der laie). vielviel besser als in der zeitung/zeitschrift laesst sich naemlich auf den netz ein so genanntes „umfeld“ basteln, das fuer werbekunden interessant ist. denn das internet ist sauber, schnell, direkt – und vor allem interaktiv. wenn ich diesen artikel ueber die explora-hotels in chile lese und mit ein paar klicks gleich die infos, prospekte, die besten angebote bestellen kann, dann mache ich das auch. (aus der zeitung/zeitschrift geht das nie so direkt, da muss ich zuerst zum internet wechseln, oder gar anrufen, und wer macht das schon?) dazu kommt, dass der inserent auf dem internet nur das bezahlen muss, was tatsaechlich an „action“ passiert, waehrend er in der zeitschrift eine teure seite bucht, die bei enstprechender gestaltung kein schwein anschaut das ist die zukunft – und da haben die zeitungen/zeitschriften ganz schlechte karten, denn sie haben jetzt ein paar jahrzehnte davon gelebt, dass gewiefte werber ihren kunden erzaehlt haben, dass nur doppelseiten was bringen, photos von teuren knispsern, doch, hihi, leider, leider war der „erfolg“ nie messbar, da gab es immer nur schaetzungen, „erfahrungswerte“. das wird vorbei sein, bin ich der ueberzeugung, „nach der krise“ ist fuer die zeitungen/zeitschriften erst der beginn der ganz grossen krise. profitieren wird das boese internet, aus dem einfachen grund, weil man jeden kontakt zaehlen kann, und nur dafuer bezahlt, was man auch kriegt. ein ziemlich altes prinzip, irgendwie, heisst, glaube ich, marktwirtschaft. das netz kann in diesem bereich einen service bieten, den die klassichen zeitungen/zeitschriften nie mehr schaffen werden. wir sind auf dem internet viel unempfindlicher, was den direkten abverkauf betrifft, wir finden das meist sogar ganz gut, weil es eine art serviceleistung ist, und genau da muessen die verleger den hebel ansetzen. es wird eine „brave new world“ werden, aber so isses halt; geld allein macht nicht ungluecklich.

  2. Peter, danke für die ausdauernde Kritik und den Rundumschlag, und ich gebe dir wie meistens recht. Um noch einmal zusammen zu fassen, was ich meinte: Die Verlage verstehen nicht, dass das Internet eine neue Kultur bringt (oder eine alte zurück). Verlage halten das Netz für ein neues Medium, aber das ist meiner Meinung nach gar nicht der Punkt. Es ist eine Transparentmachmaschine, weil sie Menschen vernetzt. Und jetzt macht sie transparent, dass unsere Branche immer mehr und mehr Quatsch produziert hat, um noch ein paar Euro mehr zu machen. Das ist jetzt vorbei. Und anstatt daraus zu lernen und wieder auf das zu setzen, was Zeitschriften immer erfolgreich gemacht hat – gute, besondere und kreative Inhalte in Inhalt und Form – sparen sie das, was noch da ist, kaputt.
    Ich glaube, bei den Anzeigen hast du nur zu zwei Dritteln recht: Es gibt Dinge, die kann man im Internet (vielleicht noch) nicht bewerben. Imagewerbung ist nach wie vor fast unmöglich, abgesehen von der eigenen Seite. Aber ich glaube auch nicht, dass sich Zeitschriften weit überwiegend aus Anzeigen finanzieren müssen.
    Du sagst selbst, du gibst einen Haufen Geld für Zeitschriften aus, und es wäre mehr, wäre das Angebot besser. Mir geht es ganz genau so. Und ich glaube, von uns gibt es noch ein paar.

  3. Schöner Kommentar. 🙂 Was meiner Meinung nach die Verlage auch verdrängen ist, dass man damit Google die Inhalte verfügbar macht sie auch erstmal ins Netz stellen muss (und mit 2 Zeilen Code indiziert die Google Spider sie nicht…).

    Die Verlage könnten die Inhalte ja auch einfach nicht ins Netz stellen, und wenn die Leute die Inhalte dann unbedingt haben wollten könnten sie am Kiosk die Zeitschrift kaufen. Warum also tun sie es nicht? Weil andere die Chance im Internet nicht vertun wollen. Sicher, es ist problematisch wenn die Anderen die Informationen dann verschenken, aber entweder kostet es jene dann viel Geld oder die Informationen sind nicht gut. Wir sind im Moment im Umbruch. Und was die Zukunft angeht denke ich passt hier ein Spruch, den ich in anderen Zusammenhängen nicht mag: Der Markt wird es richten. Langfristig gesehen jedenfalls.

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